Virologe im Interview

Coronavirus: Virologe Prof. Ulf Dittmer erklärt Umgang mit SARS-CoV-2

Im Interview mit Liebenswert hat Prof. Dr. Ulf Dittmer wichtige Fragen zum neuartigen Coronavirus beantwortet und eine Empfehlung zum Umgang mit SARS-CoV-2 gegeben.

Prof. Ulf Dittmer im Interview zum Coronavirus.
Im Interview mit Liebenswert hat Prof. Ulf Dittmer erklärt, wie wir uns im Umgang mit dem Coronavirus verhalten sollten. Foto: nito100 / iStock; Universitätsmedizin Essen
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Das weltweit kursierende Coronavirus beeinträchtig zurzeit unser aller Leben. Auch in Deutschland herrscht ein Ausnahmezustand. Am Sonntag (22.03.20) haben Bund und Länder ein allgemeingültiges Kontaktverbot beschlossen, um die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 einzudämmen. Eine solche Pandemie verbreitet große Unsicherheit und wirft viele Fragen in der Bevölkerung auf.

Um ein wenig Klarheit zu schaffen, hat der Virologe Prof. Dr. rer. nat. Ulf Dittmer, Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Essen, uns einige Fragen zu den Symptomen von Covid-19 und dem allgemeinen Umgang mit dem Coronavirus beantwortet.

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Virologe Prof. Ulf Dittmer im Interview

Liebenswert: Herr Prof. Dr. rer. nat. Ulf Dittmer, als Direktor des Instituts für Virologie sind Sie derzeit gefragter denn je. Leider ist die Symptomatik des neuen Coronavirus (SARS-CoV-2) nur schwer von anderen Virusinfektionen, wie beispielsweise der Grippe, abzugrenzen. Bei welchen Symptomen sollte ich dennoch hellhörig werden?

Prof. Dr. Ulf Dittmer: Die Symptome sind leider unspezifisch. Das heißt, wir haben es beim SARS-CoV-2-Virus mit den gleichen Symptomen zu tun wie bei einem herkömmlichen grippalen Infekt oder der Grippe. In der Tat ist es aber so, dass eine Infektion mit SARS-CoV-2 häufig mit einem trockenen Husten einhergeht. Wirklich alarmierend wird es dann, wenn Atemnot auftritt. Das ist ein erstes Zeichen für einen schweren Verlauf der Erkrankung.

Wie sollte ich vorgehen, wenn ich glaube, dass ich mich mit dem Coronavirus infiziert habe?

Menschen, die glauben sich infiziert zu haben sollten zunächst ihren Hausarzt oder ihre Hausärztin anrufen. Diese entscheiden dann, wie der weitere Weg ist. Bei einem grippalen Infekt oder einem leichten Verlauf einer Erkrankung durch SARS-CoV-2 ist zu empfehlen, dass Betroffene zunächst einmal zu Hause bleiben. Bei Atemnot ist eine Abklärung in der Arztpraxis oder Notaufnahme angezeigt. Das gilt ganz besonders für Ältere und Personen mit Vorerkrankungen. Die Testkapazitäten der Labore sind nicht unendlich, deshalb sollten vor allem Menschen getestet werden, die zur Risikogruppe gehören.

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Sollte ich als älterer oder immungeschwächter Mensch Arzttermine, die zum Beispiel der Vorsorge dienen, weiterhin wahrnehmen oder besser zu Hause bleiben. Gibt es da allgemeine Empfehlungen?

Das sollte unbedingt mit dem behandelnden Arzt beziehungsweise der behandelnden Ärztin abgesprochen werden, die darüber entscheiden können, ob sich der Termin aufschieben lässt oder nicht. Einfach nicht in die Praxis zu gehen, ist nicht empfehlenswert, schließlich gibt es gefährliche Erkrankungen, die auch einen Vorsorgetermin oder eine Behandlung zwingend erforderlich machen. 

Sehen Sie im Video die Symptome einer Coronavirusinfektion im Überblick: (Das Interview geht unter dem Video weiter)

Video Platzhalter
Video: ShowHeroes
„Das Virus wird in erster Linie beim Sprechen, Husten und Niesen übertragen.“
Prof. Ulf Dittmer

Gibt es besondere Vorkehrungen, die ich treffen sollte, wenn ich mit Menschen zusammenlebe, die zur Risikogruppe gehören?

Hier gelten dieselben allgemeinen Regeln. Wenn möglich, sollte der Körperkontakt eingestellt und ein Abstand von zwei Metern gewahrt werden. Zudem sollten die Hände häufiger und besonders gründlich gewaschen werden. Das ist natürlich nicht umsetzbar, wenn die Person gepflegt werden muss. Hier ist, neben der Händehygiene, vor allem der Mundschutz ganz entscheidend. Denn das Virus wird in erster Linie beim Sprechen, Husten und Niesen übertragen.

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Welche Maßnahmen sollte ich ergreifen, wenn ich zum Einkaufen fahren muss. Würden Sie das Tragen von Handschuhen oder Mundschutz empfehlen? Sollte ich überhaupt noch einkaufen gehen, wenn ich zur Risikogruppe gehöre?

Nein, Personen, die zur Risikogruppe gehören, sollten nicht einkaufen gehen. Spaziergänge an der frischen Luft dort, wo man nicht vielen Menschen begegnet, sind hingegen weiterhin möglich. Sollte es sich nicht vermeiden lassen, die Einkäufe selbst zu erledigen, empfehle ich allen Älteren und Menschen mit erhöhtem Risiko durch eine Vorerkrankung, unbedingt einen Mundschutz zu tragen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sagt zwar, dass es keinen Beleg dafür gibt, dass Masken helfen. Aber in China hat es nachweislich dazu beigetragen, die Verbreitung des Virus einzudämmen. Aktuell ist die Versorgung mit Masken noch schwierig. Aber ich denke, in etwa zwei Wochen wird sich hier die Lage entspannt haben.

„Sozial-Kontakte sollten strikt vermieden werden.“
Prof. Ulf Dittmer

Viele Menschen sind verunsichert und wissen nicht, ob der aktuelle Ausnahmezustand zwei Wochen oder eher zwei Monate andauern wird. Es ist sicherlich sehr schwierig, Prognosen zu treffen, aber können Sie eine Einschätzung geben, in welcher Phase wir uns derzeit befinden?

Prognosen sind tatsächlich sehr schwer zu treffen. Sicherlich wird die Zahl der Infektionen noch weiter steigen. Wie schnell und wie stark dies geschieht, hängt jedoch maßgeblich damit zusammen, wie wir alle uns verhalten. Es gilt, sich unbedingt an die aktuellen Regeln zu halten und alles dafür zu tun, weitere Ansteckungen zu verhindern.

Welche abschließende Empfehlung haben Sie oder welchen Appell möchten Sie unserer Leserin zum Coronavirus mit auf den Weg geben?

Das Gebot der Stunde ist, einsichtig zu sein und sich an die vorgeschriebenen Maßnahmen zu halten. Vermeiden Sie strikt Sozial-Kontakte außerhalb der engen Familie und halten Sie den Abstand von zwei Metern unbedingt ein. Die Risikogruppen müssen geschützt werden. Helfen Sie, indem Sie zum Beispiel Einkäufe übernehmen.