Interview

Veronica Ferres: "Kritik tut weh, macht uns aber stärker!"

Sehr bodenständig zeigt sich Veronica Ferres nicht nur in ihrem aktuellen Kino-Hit: Auch im echten Leben ist die 52-Jährige nahbar und überraschend ehrlich.

Ob ihrem neuen Film oder privat - der Kinostar zeigt sich bodenständig.
Ob im Kino oder privat: Veronica Ferres zeigt sich ganz bodenständig. Foto: Dominik Bindl/Getty Images
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Supergelaunt, natürlich und erfrischend selbstironisch: Die Schauspielerin plaudert über ihren neuen Kinostreifen 'Unter deutschen Betten' (Start: 5. Oktober), in dem sie eine Putzfrau spielt, und erzählt, wie sie das Älterwerden erlebt und was ihr in dunklen Stunden Kraft gibt.

In Ihrem neuen Film spielen Sie eine Putzfrau. Mal ehrlich, ist Putzen für Sie Spaß oder notwendiges Übel?

Putzen kann beides sein. Manchmal habe ich tatsächlich Lust drauf. Das Tolle dabei ist doch, dass du sofort ein Erfolgserlebnis hast. Wenn ich nach Abschluss wieder in das Zimmer komme und mir eine viel bessere Energie entgegenschwappt, dann ist das einfach klasse! Wenn man mich lässt, bin ich übrigens auch in anderen Bereichen eine Top-Hausfrau!

Woher kommt das Talent?

Ich bin in Solingen aufgewachsen. Als jüngstes Kind in einer Familie mit zwei älteren Brüdern. Es gab bei uns noch die klassische Rollenverteilung: Ich war fürs Putzen und Kochen verantwortlich. Die Jungs haben auf dem Hof geholfen. Es gibt nichts, was meine Mutter mir nicht beigebracht hat: Ich kann putzen, nähen, Socken stopfen, stricken, sticken, kochen, backen. Ich bringe alle Voraussetzungen mit, um eine super Ehefrau zu sein (lacht).

Was eine glückliche Ehe noch ausmacht, weiß dieser Filmkollege besonders gut:

Wie würden Sie Ihr aktuelles Lebensgefühl beschreiben?

Ich habe mich in meiner Haut noch nie so wohl gefühlt wie heute. Ich bin voller Energie, rundum selbstbewusst und genieße das Gefühl einer stetig wachsenden inneren Gelassenheit. Es ist einfach eine tolle Zeit! Auch mein Körper ist heute weitaus besser in Form als mit 30. Ich betrachte meinen Körper als einen Tempel für meinen Geist und meine Seele. Und diesen Tempel will ich so gut pflegen und ehren wie möglich.

Was mögen Sie noch am Reiferwerden?

Ich denke, dass man sich über viele Dinge nicht mehr so viele Sorgen machen braucht. Mein Vater hat immer gesagt: Rege dich nur über die Dinge auf, die du ändern kannst, und verschwende keine Energie damit, Dinge ändern zu wollen, die du sowieso nicht ändern kannst. Gleichzeitig genieße ich es sehr, dass ich mir meine kindliche Begeisterungsfähigkeit bewahrt habe. Ich bin immer noch offen für neue Herausforderungen und Abenteuer.

"Ich fordere Kritik immer wieder offensiv ein"

Ist das auch Ihr Rezept für geistige Jugendlichkeit?

Eines von vielen. Ich versuche zum Beispiel auch, beweglich und kritikfähig zu bleiben. Natürlich ist es manchmal schwer, sich Kritik wirklich anzuhören, ohne sie gleich zu werten oder verletzt zu sein. Ich möchte mich aber nicht in einer Blase bewegen, in der mir alle nach dem Mund reden, und fordere deshalb diese Kritik von meiner Familie, meinen Freunden und Kollegen immer wieder offensiv ein.

Und wie gehen Sie damit um, wenn Ihnen zuweilen Negativität, Kritik oder sogar Hass entgegenschwappt?

Wenn es allzu gemein wird, dann tut mir das immer noch weh. Vieles, was über mich geschrieben, gesagt oder verbreitet wird, bekomme ich zum Glück gar nicht mit. Aber wenn es doch mal passiert, dann bin ich einfach nur geschockt und erschüttert darüber, wie bösartig einige Menschen sein können. Aber wenn ich das alles ernst nehmen würde, dann wäre ich gar nicht mehr lebensfähig. Man muss sich mit diesem Aspekt wohl einfach arrangieren. So gut es eben geht.

Sie sind vor zwei Jahren 50 Jahre alt geworden. Was hat das für Sie bedeutet?

Die besondere runde Zahl war am Anfang für mich überhaupt kein Thema. Denn nur ein paar Wochen zuvor verstarb mein geliebter Vater. Ich war so in Trauer, dass mir überhaupt nicht zum Feiern zumute war. Mein Mann und meine Kinder haben mich dann aber doch noch überredet. Und was soll ich sagen? Ich habe es am Ende nicht eine Sekunde bereut. Meine Familie und die besten Freunde waren alle da. Wir haben an meinem Geburtstagsabend sehr viel gelacht – aber auch geweint. Mein Papa hat wahnsinnig gefehlt, war gleichzeitig aber trotzdem anwesend.

Und die 50 war für Sie gar kein Thema?

Nein, denn mein Alter ist doch nur eine Zahl. Das macht mir gar keine Angst! Wobei das Älterwerden generell natürlich auch für mich ein Thema ist. Und wissen Sie was? Ich werde sehr gern älter und bin für jeden neuen Tag dankbar, den ich erleben darf! Denn wenn ich nicht mehr älter werden würde, dann wäre ich tot.

Das sieht diese Lady ähnlich:

Wie gehen Sie mit dem zuweilen desillusionierenden Gefühl um, dass die verbleibende Lebensspanne überschaubarer wird?

Ich nähere mich diesem Thema mit einer ziemlichen Naivität. Ich möchte mir nicht darüber den Kopf zerbrechen, wie alt ich am Ende einmal werde. Das liegt vielleicht daran, dass meine Mutter im Jahr 2000 im Alter von nur 66 Jahren an Krebs gestorben ist. Ich war damals 35, und durch dieses prägende Erlebnis hat sich meine Einstellung zum Thema komplett verändert. Ich habe generell keine Angst vor dem Tod. Aber sehr wohl vor dem Sterbeprozess, der zuweilen leider sehr grausam sein kann. Ich finde die Gewissheit, dass meine geliebten Eltern auf mich warten und mich empfangen werden, sehr tröstlich.

Leben Sie deshalb so bewusst und intensiv wie möglich?

Genau! Wir sollten alle viel mehr innehalten, durchhalten, bewusst erleben und genießen. Ganz egal, ob es nur der Duft des heißen Frühstückskaffees oder die wunderbare Begegnung mit anderen Menschen ist. Nehmen Sie sich fest vor, die Schönheit der Welt viel intensiver zu erfassen. Achten Sie beim nächsten Spaziergang auf die Details: Die faszinierende Schönheit der Blätter eines Baumes oder das Glitzern auf dem Wasser eines Sees. Probieren Sie es einfach mal aus: Es sind oft auf den ersten Blick belanglos erscheinende Dinge im Alltag, die für kleine Glücksmomente sorgen können. Und deshalb suche ich mit jedem neuen Morgen nach Formen des Glücks, der Liebe und dem Zauber des Alltags. Man sollte immer gern an dem Ort sein, an dem man gerade ist, und sich auf die jeweiligen Menschen und Situationen einlassen.

"Auch bei mir gab es Höhen und Tiefen"

Wer fängt Sie auf, wenn es Ihnen mal sehr schlecht geht?

Ich habe ein Riesenglück, dass mich bislang immer Menschen begleitet haben, die mir bedingungslos zur Seite standen und immer an mich geglaubt haben. Menschen, die mich an dunklen Tagen aufgefangen, getröstet und aufgerichtet haben. Denn die Sinuskurve des Lebens macht vor niemandem halt. Auch bei mir gab es so manche Höhen und Tiefen.

Familie ist für Sie besonders wichtig …

Sie steht für mich an oberster Stelle. Die Familie ist mein Anker, die Sonne, um die ich kreise. Ich habe eine leibliche Tochter, zwei Stiefsöhne, mit denen ich ebenfalls sehr eng bin. Außerdem habe ich noch eine Stieftochter aus meiner Ehe mit Martin Krug. Und auch der Sohn von meinem ehemaligen Lebensgefährten Helmut Dietl steht mir nah. Im Grunde habe ich also insgesamt fünf Kinder, für die ich mich allesamt verantwortlich fühle. Ich liebe es, dass sie mich herausfordern, inspirieren, ärgern, nerven und wunderbar jung halten.

Familie steht auch bei ihr an oberster Stelle:

Wie sieht für Sie ein gelungener freier Tag aus?

Am schönsten ist es für mich, Samstagvormittag auf den Wochenmarkt zu gehen, dort frisch einzukaufen und dann zu Hause ein tolles Essen vorzubereiten. Dabei Musik hören, später den Tisch schön decken und dann gemeinsam mit der Familie genießen. Ich liebe auch Spieleabende mit Monopoly, Fang den Hut oder Risiko. Oder einen Heimkino-Abend, wenn am Ende alle auf der Couch einschlafen. Herrlich!

Ebenfalls eine bewundernswerte Frau:

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