Experten warnen

Gefahr durch Zecken: FSME-Ansteckungsrisiko immer höher

Experten warnen vor immer mehr FSME-Infektionen und befürchten, dass die Zeckensaison 2021 noch stärker ausfallen wird als im vergangenen Jahr. Gleichzeitig hat das Robert-Koch-Institut (RKI) fünf weitere FSME-Risikogebiete benannt.

Eine Zecke im hohen Gras.
Zecken warten im hohen Gras auf ihren neuen Wirt. Foto: iStock / Diy13
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Zecken können gefährliche Krankheiten übertragen: Besonders gefürchtet neben der bakteriell ausgelösten Borreliose ist die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), eine durch Viren verursachte Hirnhaut- bzw. Gehirnentzündung, die dramatisch enden kann.

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Welche Zecken-Risikogebiete gibt es in Deutschland?

Die FSME-Schutzimpfung wird vor allem jenen Menschen empfohlen, die in den deutschen FSME-Risikogebieten wohnen: Dazu zählen in diesem Jahr insgesamt 169 Kreise in Deutschland. Besonders stark betroffen sind schon seit längerem die Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg, Südhessen sowie der Südosten von Thüringen und Sachsen. Außerdem gibt es vereinzelte Risikogebiete auch in Mittelhessen, im Saarland, in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz.

In diesem Jahr kommen fünf weitere FSME-Risikogebiete hinzu: Vier von ihnen grenzen an bereits bekannte Risikogebiete: Dies betrifft jeweils einen Kreis in Bayern, Hessen, Sachsen und Thüringen. Erstmals ist auch ein Kreis in Sachsen-Anhalt als Risikogebiet eingestuft: Der Stadtkreis Dessau-Roßlau. Dieser grenzt nicht an bestehende Risikogebiete und ist somit nach dem Landkreis Emsland in Niedersachsen das zweite nördlich gelegene FSME-Risikogebiet.

Erfahren Sie in diesem Video, was Sie über Zecken wissen müssen (der Artikel geht unter dem Video weiter)

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Wird 2021 ein besonders schlimmes Zecken-Jahr?

Bereits für das Jahr 2018 warnte Privatdozent Dr. Gerhard Dobler: "Wir werden die höchste Zahl an Zecken in den letzten zehn Jahren haben." Der Forscher des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung hat gemeinsam mit Kollegen des Teams für Mikrobiologie der Deutschen Bundeswehr ein Modell mitentwickelt, mit dem seit 2009 die Zeckendichte für den Sommer eines jeden Jahres vorausgesagt werden kann können. Als Grundlage dient den Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen die Zählung von Jungtieren in einem bestimmten Infektionsherd in Süddeutschland. Laut des Prognosemodells nimmt die Gesamtzahl an Zecken von Jahr zu Jahr zu.

Eine weitere besorgniserregende Entdeckung des Forscher-Teams: Nicht nur die Zeckendichte nimmt zu, sondern auch der Anteil erwachsender Zecken. "Bei erwachsenen Zecken ist die Durchseuchung mit dem FSME-Virus etwa fünf bis zehn Mal höher als bei Jungtieren. [...] Es erhöht die Ansteckungsgefahr deutlich", erklärte Gobler im Juni 2020 im Interview mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung.

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Dass wir in Deutschland immer mehr Zecken haben, liegt vor allem am Klimawandel: Durch die zunehmend wärmer verlaufenden Winter steigt die Population der kleinen Blutsauger an und diese sind immer früher im Jahr aktiv - beziehungsweise mittlerweile quasi durchgehend. Allgemein ist bekannt, dass die Zecken immer dann auf Nahrungssuche gehen, wenn es draußen wärmer wird - und zwar ab acht Grad Celsius. Doch mittlerweile sind die Tierchen schon das ganze Jahr über aktiv, erklärt etwa die etwa die Zeckenforscherin Ute Mackenstedt von der Universität Hohenheim im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Hätten die Tiere früher eine Art Winterruhe von November bis Februar gehabt, so falle diese wegen des Klimawandels mittlerweile aus.

2021 wird wieder hohe Zahl an FSME-Erkrankungen erwartet

Doch es gibt noch einen weiteren Grund, warum immer mehr Menschen Gefahr laufen, von Zecken gestochen werden: Die Corona-Pandemie. Nicht nur die Schließung vieler Freizeitangebote treibt die Menschen besonders häufig raus in die Natur und damit in den Lebensraum der kleinen Spinnentiere: Auch aufgrund der Tatsache, dass die Ansteckungsmöglichkeiten mit dem Sars-CoV-2 im Freien viel geringer sind als drinnen, halten sich die Menschen lieber draußen auf.

Experten vermuten, dass die Erkrankungen mit FSME in diesem Jahr abermals einen sehr hohen Wert erreichen werden"Ich erwarte das zweithöchste FSME-Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2001", warnt Franz Rubel vom Wiener Institut für Öffentliches Veterinärwesen im Gespräch mit 'Tagesschau.de'. Demnach sei 2021 bundesweit mit 540 Fällen zu rechnen - bedingt durch durch die Pandemie korrigiere sich die Zahl der zu erwartenden FSME-Erkrankungen auf rund 600 Fälle. Zum Vergleich: Laut RKI gab es in Deutschland im vergangenen Rekordjahr 704 gemeldete FSME -Erkrankungen - der höchste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen in 2001. 2019 waren es noch 445 gemeldete Fälle.

FSME-Impfung möglich, aber kein Schutz vor Borreliose

Die meisten Erkrankungen verlaufen beschwerdefrei. In ernsten Fällen kann FSME jedoch eine Gehirnhautentzündung hervorrufen und das Rückenmark schädigen. Während es gegen FSME eine Impfung gibt, deren Schutz bis zu drei Jahre anhält, helfen bei Borreliose nur Antibiotika. Gut 100.000 Deutsche infizieren sich jedes Jahr mit Borreliose.

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Neue Zeckenarten verbreiten sich in Deutschland

Noch vor einigen Jahren meinte man, wenn man von der Zecke sprach, den "gemeinen Holzbock". Doch in den vergangenen Jahren breiteten sich Zeckenarten, die zuvor noch gar nicht in Deutschland üblich waren, hierzulande aus. Eine von ihnen ist die Hyalomma-Zecke, die beispielsweise das gefährliche Fleckfieber übertragen kann. Erstmals wurde ihr Vorkommen im vergangenen Jahr in Deutschland bestätigt.

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Und noch eine weitere Zeckenart ist auf dem Vormarsch: Die Auwald-Zecke sticht zwar eher ungern Menschen, dennoch trägt sie zur weiteren Verbreitung des Frühsommer-Meningoenzephalitis-Virus (FSME) bei. Ihr Vorkommen wurde bereits im Saarland, in Rheinland-Pfalz und in Sachsen bestätigt, ebenso in den Großräumen München und Leipzig sowie in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.

Woran erkenne ich einen Zeckenstich?

Hat eine Zecke zugestochen, bleibt sie bis zu einige Tage lang am Wirt und saugt sich mit Blut voll. Je länger sie am Körper bleibt, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass sie Krankheitserreger überträgt. Eine sich verbreitende Hautrötung ist oftmals das erste Anzeichen eines Zeckenstichs. Kopf-, Muskel- und Gliederschmerzen sowie Müdigkeit können die Folge sein. Es ist wichtig zu wissen, dass die Anzeichen manchmal erst Wochen nach dem eigentlichen Zeckenstich auftreten.

Wie kann man sich vor Zecken schützen?

Selbst wenn Sie nicht in einem Risikogebiet unterwegs sind, sollten Sie möglichst versuchen, einen Zeckenstich zu vermeiden. Nicht zuletzt, da es in ganz Deutschland zur einer Infektion mit Borreliose über einen Zeckenstich kommen kann.

Hier einige Tipps für die beste Vorsorge:

  • Tragen Sie lange, luftige Kleidung

  • Achten Sie darauf, dass die Kleidung keine freien Flächen zulässt, stecken Sie etwa die Hosenbeine in die Socken

  • Meiden Sie hohes Gras, Büsche und Unterholz

  • Verwenden Sie Anti-Zeckenspray (regelmäßig nachsprühen)

  • Die Impfung gegen FSME sollte bestenfalls schon in den Wintermonaten erfolgen

  • Suchen Sie Ihren Körper nach dem Aufenthalt im Freien gründlich ab

  • Wenn Sie helle Kleider tragen, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass Sie die Krabbelviecher schnell entdecken