Folge des Klimawandels?

Dürre in Deutschland: Wird die Ausnahme endgültig zur "Normalität"?

Trotz eines sehr nassen Winters wird Deutschland aktuell von einer nicht enden wollenden Dürre heimgesucht. Ist das wirklich die neue Normalität?

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Ausgetrocknete Flüsse, verbrannte Wiesen, Waldbrände, Temperaturen um die 30 Grad Celsius – und kein Regen in Sicht. Die Dürre hat Deutschland dieses Jahr besonders fest im Griff.

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Und das obwohl die vergangene Winter und Frühling ziemlich nass waren. Doch werden nun solche Bilder von Waldbränden (siehe weiter unten) wie in Jüterbog in Brandenburg Normalität?

Dürre trotz starker Regenzeit – wie kann das sein?

Der vergangene Winter und auch die Frühlingsmonate März und April können sich eigentlich entspannt zurücklehnen. Sie haben uns ziemlich viel Regen beschert. Und dennoch herrscht aktuell eine nicht enden wollende Dürrezeit in Deutschland vor und den Böden fehlt es an Wasser. Folge: Wiesen und Pflanzen trocknen aus.

Besonders die Landwirtschaft leidet darunter. Einige landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland warnten bereits vor Ernteausfällen durch Notreife. Hier muss Gemüse oder Getreide früher geerntet werden, bevor es vertrocknet. Und aufgrund der Trockenheit kommt es verstärkt im Juni zu einigen Waldbränden, wie etwa dem in Jüterbog in Brandenburg vor einer Woche. Wie kann das sein?

„Der große Verlierer ist der Wald“
Andreas Marx, Klimaforscher

Andreas Marx, Klimaforscher und Leiter des Dürremonitors beim Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig, geht für die Einschätzung und zur Findung des Grundes etwas weiter in die Vergangenheit zurück. Der August 2022 war in ganz Deutschland der trockenste Monat seit dem Jahr 1951. "Es ist ein Erklärungsansatz, warum der eigentlich gute Winter nicht ausgereicht hat, um die Dürre auszugleichen: Weil die Ausgangssituation so unglaublich ungünstig war."

Diese Dürre wird statistisch nur alle 50 Jahre erwartet

Der letzte Winter sei Marx' Ansicht nach eigentlich "nahezu fantastisch" gewesen. "Bis April war die Situation wirklich gut." Der Landwirtschaft hatten diese Monate besonders gut getan. Denn so seien die Oberböden bis zu einer Tiefe von 25 Zentimetern und tiefer gut angefeuchtet worden. Der März sei bundesweit sogar der nasseste seit 2001, meldete der Deutsche Wetterdienst.

Doch seit Mai regnet es nun wesentlich zu wenig, meint Andreas Marx. Noch dazu kommt dann die immer stärker werdende Hitze. "In einem Streifen vom östlichen Niedersachsen über Sachsen-Anhalt bis Berlin und Brandenburg haben wir die Situation, dass es dort schon seit fünf Jahren permanent zu trocken ist." Dort färbt sich der Dürremonitor schon wieder dunkel, was eine außergewöhnliche Dürre bedeutet. So, wie sie statistisch nur alle 50 Jahre erwartet wird. "Der große Verlierer ist der Wald. Seit 2018 hat es in jedem Jahr Schäden gegeben, und auch in diesem Jahr ist zu erwarten, dass neue Schäden entstehen", prognostiziert Marx.

Wird diese Trockenheit und Dürre zum Normalzustand?

Müssen wir nun damit endgütig leben, dass immer mehr Wälder weiter abbrennen und unser Land völlig austrocknet?

Folge von Dürrezeit in Deutschland: Waldbrände werden mehr
Wird die Anzahl von Waldbränden, wie hier in Jüterbog in Brandenburg, in Zukunft noch zunehmen? Foto: IMAGO / A. Friedrichs

Der Klimaforscher macht ein wenig Hoffnung: "Es ist nicht zu erwarten, dass die Dürre zum Dauerzustand wird. Dürren lösen sich niemals innerhalb von ein paar Wochen auf. Das dauert mindestens fünf Monate."

Es komme auf die Niederschläge im Winter an. "Die Dürremusik wird im Winter gemacht. Im Winterhalbjahr gibt es keine negativen Stressoren – kaum Verdunstung, die Pflanzen ziehen kaum Wasser aus dem Boden. Im Winter hat das Wasser Zeit, in den Boden zu gehen. Daher ist es aber auch leider unwahrscheinlich, dass sich die Dürre über die Sommermonate auflösen wird."

Ist der Klimawandel schuld und können wir es aufhalten?

Dürre, aber auch Überschwemmungen, die immer häufiger werden, sind ein Teil des Klimawandels, der uns alle immer weiter einholt und nicht mehr aufzuhalten scheint. Oder doch? Können wir nicht irgendetwas tun, um dem ganzen vorzubeugen und Einhalt zu gebieten? Von der Natur aus müsse es hochgerechnet ein gesamtes Jahr regnen, um das Wasserdefizit im Boden wieder aufzubessern, erklärte Fred Hattermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. 

"Es müssen andere – ganz individuelle – Maßnahmen geschaffen werden, die Dürre und ihre Folgen wie Wasserknappheit, Versalzung und Hitze zu bekämpfen", meint der physische Geograf Stefan Schwarzer.

Ein kleiner Anfang wäre zumindest: Mehr Bäume zu pflanzen. Die Bäume helfen nämlich nicht nur beim Erzeugen des Regens, sondern auch bei der Kühlung. "Ein großer Baum kann etwa 400 Liter Wasser am Tag verdunsten. Das sind so viel wie fünf Klimaanlagen, die 24 Stunden durchlaufen", erklärt Schwarzer. Das ist auch ein kleiner Appell an die Städte. Denn Bäume zu pflanzen funktioniert nicht nur auf dem Land. Frankfurt ist in Deutschland ein kleiner Vorreiter und hat bereits im Mai einen Anfang gemacht: Gebäudebegrünung bei Neu- und Umbauten wird zukünftig Pflicht.

Doch ein weiterer, wichtiger Schritt sei laut Klimaexperten, Städte zu entsiegeln. Das bedeutet, dass Regenwasser ungehindert in den Boden sickern kann. So könnten die Hauptprobleme der Trockenheit in Städten verbessert werden.

Was wir von Vorzeigestadt Kopenhagen lernen können

Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen ist bereits seit 2012 Vorbild in Klimafreundlichkeit. Das zeigt nun auch die Dokumentationsserie "The World's Most Dangerous Show" von Fernsehmoderator Joko Winterscheidt. Die Doku zeigt etwa, dass das Hafenbecken Kopenhagens so sauber ist, dass man problemlos darin schwimmen kann.

Doch Kopenhagen hat noch mehr vor: Bis 2033 werden überall in der Stadt Flächen geschaffen, die in der Lage sind, eine Menge Wasser aufzunehmen und langsam wieder abzugeben. Genau das wäre auch hier der Schritt in die richtige Richtung, wie Sassa Franke vom Verein Klimapraxis erklärt. "Das Prinzip ‚Verlangsamen, Verteilen, Versickern‘ brauchen wir in der Landwirtschaft auch."

Wenn Sie noch mehr über den Fortschritt in Kopenhagen und das Ausmaß des Klimawandels erfahren wollen, schauen Sie doch mal in die Dokumentationsserie "The World's Most Dangerous Show" von Joko Winterscheidt. Diese können Sie bei Amazon Prime mit einem Probemonat sogar kostenlos anschauen:

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