'Charité'-Staffel 3: So viel Wahrheit steckt in der Serie

Zum Start von Staffel 3 der beliebten ARD-Serie 'Charité' verraten wir, was darin wahr ist - und was Fiktion.

In Staffel 3 von 'Charité' geht es unter anderem um Dr. Ella Wendt (Nina Gummich, l.) und Prof. Dr. Otto Prokop (Philipp Hochmair, r.).
In Staffel 3 von 'Charité' geht es unter anderem um Dr. Ella Wendt (Nina Gummich, links) und Prof. Dr. Otto Prokop (Philipp Hochmair, rechts). Foto: ARD/Stanislav Honzik
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Endlich ist es wieder so weit! Nach einer langen Wartepause von fast zwei Jahren geht es nun mit Staffel 3 der gefeierten ARD-Serie 'Charité' weiter - und das, wie für die Produktion üblich, mit einem Zeitsprung sowie neuen Figuren. Wie gewohnt orientiert sich 'Charité' dabei an real existierenden Personen und Ereignissen, dichtet aber gleichzeitig einiges dazu oder um. Erfahren Sie hier, was wahr ist und was Fiktion.

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Die Situation des Charité-Krankenhauses Anfang der 1960er

Staffel 3 der Serie 'Charité' lässt den Zeitraum des Zweiten Weltkriegs hinter sich und spielt nun im Sommer und Herbst 1961 - während des Kalten Krieges und in einer Phase, in der massenhaft Ärzte und Pflegepersonal die DDR Richtung West-Berlin verließen. Sie greift die Ereignisse rund um den Mauerbau in Berlin am 13. August diesen Jahres auf und schildert die sich dadurch ändernde Situation des Krankenhauses: Die Klinik mitten in Berlin, damals ein Vorzeigeobjekt der DDR, lag auf der Grenze zwischen dem sowjetischen und dem britischen Sektor und wurde durch den Mauerbau über Nacht zum unmittelbaren Grenzgebiet. Die Klinik wurde in jeder Hinsicht vom Westen isoliert.

Dieses Klima des Ausgegrenztseins in einer politisch hoch brisanten Zeit, Fragen der Moral sowie das medizinische Arbeiten und Streben nach Fortschritt trotz Versorgungsmängeln werden in Staffel 3 von 'Charité' eindrücklich geschildert - mit Hilfe der folgenden Hauptpersonen.

Dr. Ella Wendt (Nina Gummich, r.) und Dr. Curt Bruncken (Franz Hartwig, l.) in der 3. Staffel von 'Charité'.
Werden Dr. Ella Wendt und Dr. Curt Bruncken ein Paar? Foto: ARD/Stanislav Honzik

'Charité'-Forscherin Dr. Ella Wendt gab es nicht wirklich

Nach Assistenzärztin Anni Waldhausen (gespielt von Mala Emde), Hauptfigur der zweiten Staffel, sowie Hilfswärterin Ida Lenze (gespielt von Alicia von Rittberg), Protagonistin der ersten 'Charité'-Staffel, ist auch die aktuelle weibliche Hauptrolle der Serie rein fiktiv. Die gestandene, junge Ärztin Dr. Ella Wendt (gespielt von Nina Gummich), die zur Krebsfrüherkennung forscht, hat es so nicht gegeben - allerdings können die Macher der Serie mit dieser Figur exemplarisch darstellen, wie es nicht nur in der Medizin vielen ehrgeizigen Frauen in der damaligen Zeit ergangen ist, die sich emanzipieren und eigene Wege gehen wollten. "Wir sehen, wie sie sich verliebt und wie sie sich zwischen der Liebe und ihrer inneren Berufung entscheiden muss", so ihre Darstellerin Nina Gummich im ARD-Interview.

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Übrigens gab es auch den Chirurgen Dr. Curt Bruncken (gespielt von Franz Hartwig), für den Dr. Ella Wendt Gefühle entwickelt, nicht wirklich. Er ist genauso fiktiv wie Dr. Alexander Nowack (gespielt von Max Wagner), der seinerseits Interesse an Ella hat - aber Zurückweisung von ihr erfährt.

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Das Leben der berühmten Kinderärztin Prof. Dr. Dr. Ingeborg Rapoport

Die bei 'Charité' von Nina Kunzendorf gespielte Prof. Dr. Dr. Ingeborg Rapoport (1912-1917) hingegen gab es tatsächlich - und auch sie musste sehr kämpfen, um sich gegen ihre männlichen Kollegen (insbesondere Dr. Kraatz) durchzusetzen und schließlich sogar den ersten europäischen Lehrstuhl für Neonatologie zu begründen.

Als Juden (sie war Tochter einer Jüdin) wurden sie und ihr Mann, Biochemiker Prof. Dr. Dr. Samuel Mitja Rapoport (gespielt von Anatole Taubman), früher von den Nazis aus Deutschland vertrieben, später dann in den USA als Kommunisten verfolgt. Im Ost-Berlin der 50er-Jahre konnten sie dann wieder Fuß fassen und Ingeborg Rapoport erzählte in ihrem letzten Interview anlässlich einer 'Charité'-Dokumentation, dass sie sich in der DDR etwas Neues aufzubauen erhoffte. Sie setzte sich in einer Zeit, in der die Säuglingssterblichkeit hoch und Polio (Kinderlähmung) eine große Bedrohung war, jahrelang dafür ein, "dass die Gynäkologie und die Kinderheilkunde Hand in Hand miteinander arbeiten", erzählt Kunzendorf gegenüber der ARD. "Die Auseinandersetzung mit alten, patriarchalen, verkrusteten Strukturen hat sie nicht gescheut, im Gegenteil."

In Staffel 3 von 'Charité' stehen diese Ärztinnen und Ärzte im Fokus.
In Staffel 3 von 'Charité' stehen diese Ärztinnen und Ärzte im Fokus. Foto: ARD/Stanislav Honzik

Reale Personen: Prof. Dr. Otto Prokop und Prof. Dr. Helmut Kraatz

Auch der österreichisch-deutsche Gerichtsmediziner und forensische Serologe Prof. Dr. Otto Prokop (gespielt von Philipp Hochmair, 1921-2009) sowie der Gynäkologe Prof. Dr. Helmut Kraatz (gespielt von Uwe Ochsenknecht, 1902-1983) waren bedeutende, schillernde Persönlichkeiten für die Medizin. Prokop wurde als selbst ernannter "Blutgruppenpapst" bekannt und war seinerzeit unter anderem damit beauftragt worden, die ersten Mauertoten zu obduzieren. Gegen den Willen des sozialistischen Systems habe er die wahren Todesumstände der an der Grenze erschossenen Flüchtigen offenlegen wollen, wie sein Darsteller Philipp Hochmair jetzt bewundernd feststellte. Seine Lehrbücher und Abhandlungen wurden darüber hinaus zu Standardwerken in der Gerichtsmedizin.

Uwe Ochsenknecht hat ebenfalls Respekt vor dem von ihm gespielten Dr. Kraatz und bezeichnet ihn als herausragenden Gynäkologen und Geburtshelfer. "Wie alle genialen Geister" hätten es solche Persönlichkeiten allerdings "oft schwer, damit klarzukommen, dass die meisten anderen Mitarbeiter weit unter seinem Niveau agieren." Kraatz hatte 1951 den Lehrstuhl für Frauenheilkunde sowie die Leitung der Universitäts-Frauenklinik der Charité übernommen, 1961 wurde er zum Inhaber des Lehrstuhls für Frauenkrankheiten und Geburtshilfe berufen.

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Fiktion und Wirklichkeit laufen bei 'Charité' ineinander

Zwar gab es also mit Dr. Rapoport, Dr. Prokop und Dr. Kraatz einige der in Staffel 3 von 'Charité' vorkommenden Personen tatsächlich, doch Produzentin Henriette Lippold erklärt im ARD-Interview: "Wir haben uns bewusst dafür entschieden, keine 1:1-Dokumentation des Lebens der drei zu erzählen, sondern die verbürgten Fakten mit fiktionalisierten, aber authentischen Handlungen anzureichern." Die reale Geschichte wurde also dramaturgisch aufgearbeitet und deshalb ist nicht alles genau so geschehen, wie es die Serie vorgibt. Dennoch spiegelt die Serie die damalige Zeit sehr authentisch wider und behandelt nicht nur viele gesellschaftlichen Themen, die die Menschen damals beschäftigten, sondern sie zeichnet auch den Weg von Frauen in der Medizin konsequent weiter.

Staffel 3 der Serie 'Charité' läuft ab dem 12. Januar 2021 dienstags ab 20:15 Uhr im Ersten. Der Sender zeigt insgesamt sechs Teile in Doppelfolgen. Bereits ab dem 5. Januar sind alle Episoden (zusammen mit denen der ersten beiden Staffeln) sowie eine Dokumentation vorab in der ARD-Mediathek abrufbar.

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