Die Zukunft

Im Zeitalter von kontaktlosem Bezahlen: Wird Bargeld abgeschafft?

Geldautomaten werden abgeschafft und immer mehr Leute bezahlen kontaktlos. Ist das Ende von Bargeld gekommen? Ein Finanzexperte schätzt die Lage ein.

Wird Bargeld abgeschafft?
Wie lange werden wir noch mit Bargeld bezahlen können? Foto: filmfoto / iStock
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Ist es Ihnen auch schon passiert, dass Sie wie gewohnt zur Bankfiliale Ihres Vertrauens gehen – und plötzlich stehen Sie vor verschlossenen Türen? Auf einem Schild an der Eingangstür ist zu lesen: Liebe Kunden, diese Filiale wurde leider geschlossen. Damit sind Sie nicht alleine.

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Grund dafür: Immer mehr Menschen zahlen lieber online, regeln ihre Finanzangelegenheiten bequem von Zuhause per Klick. Sowohl Banken, Unternehmen als auch vielen Verbrauchern ist das Bargeld lästig geworden. Das hat zur Folge, dass Automaten verschwinden und Filialen dicht gemacht werden.

Zwischen 2004 und 2019 waren davon bereits vier von zehn Bankfilialen betroffen. Bis Ende dieses Jahres können laut einer Studie weitere 40 Prozent der bundesweit 25 000 Geschäftsstellen wegfallen. Viele Zweigstellen hatten während Corona aus Hygienegründen geschlossen – und haben nie wieder geöffnet.

Gutes, altes Bargeld abschaffen – ist das überhaupt noch Zukunftsvision oder schon bald ausgezahlte Realität?

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Bargeld abschaffen: Andere Länder machen es längst vor

Während Deutschland über die Zukunft des Bargelds noch grübelt, haben andere Länder, wie etwa Schweden, sich längst entschieden: In Bussen wird kein Cash mehr akzeptiert, selbst in Kirchen wird per Automat gespendet. Seit 2020 wird zudem die digitale Währung E-Krone erprobt. Vorreiter bei der Herausgabe eines digitalen Zentralbankgeldes ist Nigeria. "eNaira" ist dort bereits seit 2021 digitale Währung. Und auch die EU will bis 2026 den digitalen Euro einführen. Das Bargeld soll dadurch aber nicht gleich abgeschafft werden.

Kein Bargeld mehr: Kein Grund zur Panik!

Auch wenn die Sorgen über die Zukunft des Bargelds berechtigt sein mögen, gibt es hierzulande noch keine konkreten Pläne zur kompletten Abschaffung. Gleichzeitig aber empfiehlt es sich, sich vorzubereiten. Viele Banken haben z. B. Hilfe-Zentren für Online-Banking-Einsteiger.

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Bargeld abgeschafft: Wie kommt man noch an Bares?

Nun stehen Sie also vor einer verschlossenen Filiale Ihrer Hausbank in Ihrer Nähe. Da bleibt noch die Option zu einer Fremdbank zu gehen, doch das ist meist teuer. Wie kommen Sie nun überhaupt noch an Bargeld? Einen Überblick über Partnerbanken, die das kostenfreie Abheben ermöglichen, finden Sie hier auf der Serviceseite von Stiftung Warentest. Auch in Supermärkten wie etwa REWE oder Penny, aber auch bei bestimmten Tankstellen sowie Baumärkten bekommen Kunden an der Kasse Geld bis zu einer begrenzten Höhe.

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Digital bezahlen: Wie sicher ist das wirklich?

Das größte Argument gegen den digitalen Euro ist der Verlust an Privatsphäre. Allgemein werden digitale Zahlungen aber als sehr sicher angesehen. Die Bankkarte ist z. B. dadurch geschützt, dass sie bei Zahlungsaufträgen eine PIN oder Unterschrift verlangt. Doch wie sicher ist digitales Bezahlen wirklich?

Der deutsche Börsenmakler und Fondsmanager Dirk Müller schätzt die Lage für Liebenswert ein und ist überzeugt: "Bargeld ist geprägte Freiheit. Jeder kann überall ohne Ansehen seiner Person Waren erwerben oder veräußern. Digitales Geld ist nicht nur programmierbar – also veränderbar – sondern auch individuell zuordenbar. Nach Einführung eines digitalen Geldes könnte das Konsumverhalten jedes einzelnen Bürgers lückenlos und in Echtzeit dokumentiert werden."

Experten-Einschätzung: Wird Bargeld auch in Deutschland bald komplett abgeschafft?

Im Interview mit Liebenswert gibt Finanzexperte Dirk Müller, der international als "Mister DAX" bekannt geworden ist, eine Einschätzung:

"Es ist nichts, was im kommenden Jahr ansteht, aber ich befürchte, dass es sehr viel schneller gehen wird, als viele denken. Geht es auf "normalem" Wege, wird es noch etliche Jahre dauern. Dann wird man das digitale Geld zunächst ergänzend zum Bargeld als Alternative einführen. Dann wird man nach und nach das Bargeld unattraktiver machen – Geldautomaten abbauen, Barabhebegebühren einführen, Bargeldannahmepflicht abschaffen – immer mehr Geschäfte werden bargeldlos. Die Bevölkerung wird in der breiten Masse gerne auf das neue bequeme Geld wechseln. Wenn nur noch ein kleiner Anteil der Bezahlungen bar erfolgen, wird man das Bargeld komplett auslaufen lassen mit dem Hinweis, dass es nicht von den Menschen mehr gebraucht wird und zu hohe Kosten verursacht."

Wie lange wird es noch Bankfilialen geben? Das sagt "Mister DAX"

Zwar zahlt jeder zweite Deutsche am liebsten immer noch bar. Fakt ist aber auch: Bargeld wird immer seltener abgehoben. Gingen 2008 noch 43 Prozent zweimal im Monat zum Schalter oder Automaten, sind es heute nur noch 25 Prozent. Das hat Konsequenzen. So schließt etwa die Raiffeisenbank Hochtaunus als erste Bank in Deutschland alle Filialen und hat sämtliche Geldautomaten abgebaut.

Wie lange wird es überhaupt noch klassische Bankfilialen geben? "Die Bankfilialen werden in hoher Geschwindigkeit weniger, weil es sich schlichtweg immer weniger lohnt. Für die alltäglichen Geschäfte wird es immer mehr Selbstbedienungs-Automaten geben. Die persönliche Beratung erfolgt dann durch einen Chatbot – also einen Roboter – im Internet", sagt Dirk Müller. "Nur noch für komplexe und große Finanzthemen, wie etwa Immobilienfinanzierung, wird es noch persönliche Kundenkontakte direkt zwischen Menschen geben, das aber dann meist in den Ballungszentren und nach Terminvereinbarung", prognostiziert der Fondsmanager.

Der Fokus liegt auf dem Online-Geschäft. "Die Zahl der Bargeld-Abhebungen lag bei unter zehn pro Tag über alle vier Filialen hinweg", begründet Achim Brunner, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenbank Hochtaunus, den Schritt. Er vermutet, dass auch weitere Geldinstitute in Zukunft auf Bares verzichten werden.

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