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Helmut Zierl: "Ich habe es geschafft, weiterzumachen"

Schauspieler Helmut Zierl hat eine sehr bewegte Vergangenheit, über die er nun erstmalig öffentlich spricht.

Schauspieler Helmut Zierl.
Helmut Zierl hat nicht nur schöne Erinnerungen an seine Vergangenheit. Foto: imago images / Future Image
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Helmut Zierl spricht offen über seine dunkle Vergangenheit

Strahlender Schwiegersohn-Typ und charmanter Frauenversteher: So kennen wir Helmut Zierl. Jetzt hat der Schauspieler ein Buch geschrieben und überrascht mit einer Drogenbeichte. In DAS NEUE BLATT spricht er über seine dunkle Vergangenheit.

Sie schreiben in "Follow the Sun", wie Sie als 16-Jähriger von der Schule fliegen und Ihr Vater Sie rausschmeißt …

Ja, wobei das sicher eine Kurzschlusshandlung war. Mein Vater hatte zuvor den Anruf des Schuldirektors bekommen, meine Mutter weinte, und ich war trotzig. Da hat er gesagt: "Mach, dass du rauskommst.". Also packte ich meinen Rucksack und trampte nach Brüssel. Später lebte ich auf der Straße und in einer Junkie-WG in Amsterdam.

Unter dem Video geht der Artikel weiter.

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Video: Glutamat

Dort gerieten Sie an Drogen?

Schon vor meiner Tramptour habe ich gekifft. Um mein Haschisch zu finanzieren, habe ich auf dem Schulhof gedealt. Während der Monate, die ich unterwegs war, habe ich viele harte Drogen genommen: LSD, Speed und Mescalin.

Was hat Sie gereizt?

Zuerst war es pure Neugier. Es entführte mich in eine andere Welt. Später ließ es mich den Dreck um mich herum vergessen. Nach meiner Rückkehr nach Hause habe ich nie wieder LSD und Mescalin genommen. Der Tod einer Freundin hat mich so mitgenommen, dass ich aufgewacht bin.

Was war passiert?

Mary war heroinabhängig. Während ich im Zimmer schlief, starb sie an einer Überdosis. Wenige Stunden zuvor hätte ich fast selbst Heroin genommen. Ein Kumpel wollte mich überreden, zu fixen. Er hatte schon alles vorbereitet, und ich sah, wie sich meine Haut um die Nadel wölbte. Im letzten Moment zog ich meinen Arm weg.

Wie haben Sie das alles verarbeitet?

Durch mein Buch, das war die beste Therapie. Ich habe die Geschichte fast 50 Jahre mit mir herumgeschleppt, es verging kein Tag, an dem ich nicht daran gedacht habe.

Was Sie im Buch ebenfalls schreiben: Bereits als Neunjähriger haben Sie über Selbstmord nachgedacht.

Es gab ein Schlüsselerlebnis. Ich war frech zu meiner Mutter, sie lag weinend auf ihrem Bett und sagte plötzlich: "Deinetwegen lebe ich überhaupt nur noch." Diese Worte werde ich nie vergessen. Ab da wusste ich, dass ich die Möglichkeit habe, mein Leben zu beenden.

Haben Sie das je in Erwägung gezogen?

Ja, ein Regisseur hat mich psychisch mal so gequält, dass ich zweimal aufs Dach des Hamburger Thalia-Theaters geklettert bin, um mich runterzustürzen. Ich habe es aber geschafft, weiterzumachen.

Hegen Sie selbst Suizid-Gedanken? Kreisen Ihre Gedanken darum, sich das Leben zu nehmen? Sprechen Sie mit anderen Menschen darüber. Hier finden Sie Hilfe: Unter 0800/111 0 111 oder 0800/111 0 222 finden Sie kostenfrei Hilfsangebote in vermeintlich ausweglosen Lebenslagen.

Der Tode seiner Eltern hat Helmut Zierl wahnsinnig mitgenommen

Das klingt, als wären Sie ein sehr melancholischer Mensch.

Ich bin ein Widerspruch zu dem, was ich oft spiele: Dieser fröhliche Schwiegermutter-Traumtyp bin ich nicht. Ich bin sehr nachdenklich. Ich hatte viele traurige Momente, den Tod meiner Eltern, meine Scheidung, das hat mich schon wahnsinnig mitgenommen.

Haben Sie den Schulabschluss eigentlich noch nachholen können?

Ja, ich habe meinen Realschulabschluss gemacht und bin 14 Monate später auf die Schauspielschule gegangen.