Medikamenten-Zuzahlungen & Co.

Krankenhausreform: Welche Änderungen kommen auf Kassenpatienten zu?

Höhere Zuzahlungen beim Arzt und längere Klinik-Wege: Im Zuge der Krankenhausreform wird sich in Zukunft einiges ändern.

Diese Änderungen könnten bald auf Kassenpatienten zukommen
Mit der Krankenhausreform sollen auch einige Änderungen auf uns Patienten zukommen. Foto: IMAGO / Lobeca
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Am 10. Juli einigten sich Bund und Länder gemeinsam mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und den Fraktionen der Ampel-Koalition auf die Eckpunkte der geplanten Krankenhausreform.

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Liebenswert nimmt diese Eckpunkte für Sie genauer unter die Lupe und schaut, was sich in puncto Zuzahlungen bei Medikamenten und Arztleistungen als auch in Sachen Krankenhaus-Wege für Sie als Kassen-Patient alles ändern wird.

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Bundesministerium für Gesundheit: Das soll sich mit der Krankenhausreform ändern

Nach Monaten der Unstimmigkeit und vielen Gesprächen, die ins Nichts führten, konnten sich Bund und Länder am 10. Juli endlich auf die Eckpunkte der langgeplanten Krankenhausreform einigen. Das Gesetz soll dann zum 1. Januar 2024 in Kraft treten. Doch um was geht es in der Krankenhausreform eigentlich?

Es werden primär drei zentrale Ziele verfolgt: die Entökonomisierung, die Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität sowie die Entbürokratisierung des Systems. Außerdem ist die Gewährleistung der Versorgungssicherheit ein zentrales Anliegen vom Bundesgesundheitsminister.

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15 Jahre lang hatten wir in Deutschland das System der Fallpauschalen. Doch dieses System ist mittlerweile überholt und brachte Krankenhäuser an die Grenzen ihrer Existenz – es musste sich was ändern, sonst würden bald viele Krankenhäuser schließen müssen. "Das Fallpauschalensystem wird nicht abgeschafft", prognostiziert der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß. "Aber der stärkere Fokus auf die Finanzierung der unabhängig von Behandlungen anfallenden Kosten befreit die Kliniken ein Stück weit von ihrer Abhängigkeit von Fallzahlen."

Jedes vierte Krankenhaus vor dem Aus bedeutet längere Wege für Patienten

Laut Krankenkassen-Verband steht jedes vierte Krankenhaus vor dem Aus. Wenn wirklich eine Schließung von zahlreichen Kliniken eintreten würden, müssten viele Patienten für größere Operationen längere Fahrtwege auf sich nehmen. "Gerade in ländlichen Regionen werden viele kleine Krankenhäuser schließen müssen oder nur noch ambulante Versorgung anbieten können", erklärt Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft, gegenüber Liebenswert. "Für viele Menschen werden sich die Wege in das nächste Krankenhaus verlängern. Besuche, aber auch Wege in die Notaufnahme werden dann schwieriger", fährt er fort und appelliert: "Eine Krankenhausreform ist dringend notwendig."

"Fest steht: Ohne Reform werden viele Krankenhäuser ungesteuert Insolvenz anmelden müssen. Mit der Reform bekommen Krankenhäuser wieder eine Perspektive", sagt Karl Lauterbach. Dabei sollen Vorhaltepauschalen zum Einsatz kommen. Notwendige Krankenhäuser erhalten eine Art Existenzgarantie. Somit soll die Qualität und nicht mehr die Quantität die Versorgung bestimmen. "Patient*innen können sich darauf verlassen, dass ihre Behandlung wirklich nötig ist und gut gemacht wird", heißt es auf der offiziellen Website des Bundesministeriums für Gesundheit.

Außerdem legt der Bund nach der parlamentarischen Sommerpause – diese dauert von Juli bis August – noch ein eigenes Gesetz zur Transparenz vor. Schließlich "haben Patienten ein Recht darauf zu wissen, welches Krankenhaus welche Leistungen mit welcher Qualität anbietet", lautet es weiter auf der Website des Bundesministeriums für Gesundheit.

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Das ändert sich für Sie konkret mit der Krankenhausreform

De facto wird laut Bundesgesundheitsminister Lauterbach "der Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung im nächsten Jahr erneut leicht steigen müssen." Sozialexperte Prof. Bernd Raffelhüschen geht gegenüber "Bild.de" davon aus, dass "bis 2060 Beiträge von 28 Prozent möglich sind." Grund dafür ist vor allem das Milliardenloch bei den gesetzlichen Krankenkassen. Der Spitzenverband rechnet mit einer Lücke zwischen 3,5 Milliarden und sieben Milliarden Euro.

Doch Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek ist mit Karl Lauterbachs Ankündigung nicht einverstanden: "Beitragserhöhungen sind der falsche Weg, um die Finanzen der Krankenkassen zu verbessern." Ob die Erhöhung der Krankenkassen-Beiträge auf uns zukommen wird, bleibt also abzuwarten. Es wird nun auch bereits darüber diskutiert, gewisse Leistungen für Kassen-Patienten zu kürzen. Aber was ändern sich angesichts der Krankenhausreform konkret für Sie?

Müssen Zahnarztbesuche bald komplett selbst bezahlt werden?

Doch wie kann man diese Finanzlücke am einfachsten füllen? Krankenkassenchef Ralf Hermes hätte da einen Vorschlag: "Der Lage angemessen wäre es, die komplette zahnärztliche Versorgung aus dem Leistungskatalog zu streichen", bedeutet konkret: Besuche beim Zahnarzt müsste jeder Patient komplett selbst bezahlen. Der Chef der Krankenkasse IKK sagte gegenüber dem "Handelsblatt" auch, dass er Einsparungen in insgesamt drei Bereichen sehe: zahnärztliche Behandlungen, Zahnersatz und Homöopathie.

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Zuzahlungs-Aus für homöopathische Arzneimittel

Wenn man Ralf Hermes' Forderung nachkommen würde, gäbe es also in Zukunft auch keine Zuzahlungen mehr für Homöopathie. Immerhin reißen homöopathische Arzneimittel auch ein knapp 6,7 Millionen Euro großes Loch in den Geldbeutel des Gesundheitssystems. Andrew Ullmann, Sprecher der FDP, sagte gegenüber dem "Handelsblatt", dass es mit Blick auf Homöopathie "keine offene Frage mehr sein solle, ob die Kassen Kosten für Maßnahmen übernehmen sollten, deren Wirkung nicht nachgewiesen worden ist oder nicht nachgewiesen werden kann."

Schließlich ist die Wirkung von Homöopathika schon längere Zeit hart in der Diskussion. "Wir sind uns in der Regierungskoalition einig, dass wir an den grundsätzlichen und evidenzbasierten medizinischen Leistungen nichts kürzen können, wollen und dürfen", so Andrew Ullmann weiter. Wäre also nicht unwahrscheinlich, dass Homöopathie-Mittel tatsächlich bald von Patienten selbst bezahlt werden müssen.

Was bringt die Krankenhausreform für Operationen?

Waren Sie schon mal im Krankenhaus aufgrund von Problemen und Schmerzen in der Bandscheibe oder der Wirbelsäule und wurden direkt operiert – obwohl möglicherweise Krankengymnastik völlig genügt hätte? Damit sind Sie nicht alleine. Viele Krankenhäuser führen einige Operationen oftmals durch, weil sie zwar Geld einbringen – aber medizinisch eigentlich sinnlos und gar nicht notwendig sind!

Mit der Krankenhausreform soll sich genau das auch ändern. Kassenärzte-Chef Andreas Gassen fordert deshalb: Bis zu vier Millionen der 16 Millionen Klinik-Operationen sollen im Jahr künftig von Praxis-Ärzten durchgeführt werden. Diese Operationen würden dann laut "Bild.de"-Informationen nicht mehr in Krankenhäusern, sondern etwa in kleinen OP-Zentren durchgeführt werden. So würden dann Patienten morgens hinfahren – und nachmittags wieder nach Hause können. Das würde bis zu zehn Milliarden Euro im Jahr sparen und auch das Infektionsrisiko der Patienten senken, so Andreas Gassen. Ob das so umsetzbar ist?

Die Krankenkassen sind der Meinung: Nein! Gerald Gaß erklärte gegenüber "Bild.de", dass das "völlig unrealistisch" sei. "Schon heute müssen gesetzlich Versicherte viele Monate, zum Teil weit über ein halbes Jahr auf einen Termin beim Facharzt warten" und fährt fort: "Wir wollen uns gar nicht vorstellen, wie sich dieser Zustand noch weiter verschlechtern würde, wenn jetzt noch zusätzlich Millionen von Patientinnen und Patienten aus den Krankenhäusern auf ambulante Operationen in den Arztpraxen warten müssten." In wie weit nun die Krankenhausreform auch die zukünftigen Operationen beeinflussen wird, bleibt also abzuwarten.

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