Haarverlust vermeiden

Kältekappe gegen Chemotherapie-bedingten Haarausfall bei Brustkrebs

Der Haarausfall durch eine Chemotherapie belastet viele Krebserkrankte sehr. Spezielle Kältekappen können Abhilfe schaffen.

Krebspatienten mit Perücke vor einem Spiegel.
Um den Chemotherapie-bedingten Haarausfall zu verstecken, tragen viele Krebspatientinnen eine Perücke. Mit einer begleitenden Kältekappen-Behandlung kann der Haarausfall minimiert werden. Foto: SeventyFour / iStock
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Haarverlust mit Kältekappen stoppen

Die Krebsdiagnose geht für Betroffene meist mit vielen Ängsten einher. Eine von ihnen ist insbesondere für Frauen der durch die Chemotherapie ausgelöste Haarverlust. Krebspatientinnen fühlen sich dadurch stark in ihrer Weiblichkeit beeinträchtigt, was das allgemeine Wohlbefinden und auch das Selbstwertgefühl stark mindert. Dazu kommt eine gewisse Art von Bloßstellung in der Öffentlichkeit, denn die Glatze geht mit einer Stigmatisierung einher.

Während einige betroffene Frauen den Haarausfall mit dem Tragen einer Perücke kompensieren, um ein Stückchen Normalität zurückzubekommen, geht es bei anderen Erkrankten so weit, dass sie die Chemotherapie gänzlich ablehnen und ihre Chancen auf Heilung damit stark einschränken.

Um die unschöne Nebenwirkung der Chemotherapie-bedingten Alopezie (Haarausfall) zu mindern, kann seit einigen Jahren eine Begleittherapie angewendet werden, bei der die Haarwurzeln mithilfe von Kälte daran gehindert werden, dass durch die Chemotherapie verabreichte Zytostatikum aufzunehmen. Außerdem wird die Aktivität der Haarfollikel heruntergefahren, sodass die Zellen kaum geschädigt werden und der Patientin die Haare somit erhalten bleiben. Dieses Verfahren stammt ursprünglich aus Amerika und man nennt es 'Scalp Cooling', bei uns ist es auch als Kältekappen-Therapie bekannt.

Auch die an Brustkrebs erkrankte Moderatorin Tanja Bülter bewahrt sich mit der Kältetherapie ein Stück Normalität. Mehr dazu lesen Sie hier:

Wie funktionieren die Kältekappen?

Das Verfahren, durch Kühlen der Kopfhaut Haarverlust vorzubeugen, ist bereits seit den 1970er Jahren bekannt. Die Wirksamkeit ist jedoch nach wie vor umstritten, weil die Studienlage lange Zeit nur wenig aussagekräftig war. Zwei amerikanische Studien, die im Februar 2017 veröffentlicht wurden*, konnten das 'Scalp Cooling' jedoch mit neuen Daten stützen.

Brustkrebspatientinnen tragen dafür kurz vor, während und kurz nach der Chemotherapie-Sitzung eine Silikonkappe, in der eine Kühlflüssigkeit zirkuliert. Die Kopfhaut wird dadurch auf bis zu 15 Grad Celsius heruntergekühlt. Die Durchblutung wird verringert und es gelangen weniger schädigenden Zytostatika an die Haarwurzeln. Zusätzlich wird auch die Zellaktivität der Haarfollikel eingeschränkt. Ist die Behandlung erfolgreich, verlieren die Patientinnen keine oder weniger als 50 Prozent ihrer Haare.

Sehen Sie im Video, wie Sie Ihre Brust selbstständig untersuchen können: (Der Artikel geht unter dem Video weiter)

Video Platzhalter

Ablauf und Nebenwirkungen der Behandlung

Patientinnen, die an Brustkrebs erkrankt sind, bekommen die Kühlkappe rund 30 Minuten vor der Infusion mit dem Krebsmedikament aufgesetzt. Anschließend verbleibt die Kappe weitere 90 bis 120 Minuten nach Ende der Therapie auf dem Kopf.

Da die Kältekappe in der Regel mehrere Stunden getragen werden muss, kann es mitunter zu kälteinduzierten Nebenwirkungen kommen. Patientinnen berichten, dass das Tragen teilweise unangenehm und mit Kopfschmerzen, allgemeinem Kältegefühl, Kälteschauern, Schmerzen auf der Kopfhaut, Schwindel oder Übelkeit verbunden ist.

Um dem Kältegefühl entgegenzuwirken, werden die Brustkrebspatientinnen mit warmer Kleidung, Decken und Wärmflaschen ausgestattet.

Da bislang keine Langzeitstudien vorliegen, gibt der deutsche Krebsinformationsdienst außerdem zu bedenken, dass nicht völlig auszuschließen sei, dass die Kühlung zu Hautmetastasen an der Kopfhaut führt, weil dort die Chemotherapie nicht wirken kann. Neue Studien hierzu wären daher unerlässlich.

So sieht das Kältekappen-System eines Herstellers aus:

Was kostet das Kältekappen-Verfahren?

Aufgrund der bisher immer noch unzureichenden Studienlage und der Tatsache, dass die Kältetherapie nur bei Krebspatientinnen mit gynäkologischen Krebsarten, insbesondere Brustkrebs infrage kommt, werden die Kosten bislang nicht von den Gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Außerdem handele es sich bei dem Verfahren auch nicht um ein Hilfsmittel im Sinne der Gesetzlichen Krankenversicherung, wie Florian Lanz vom Spitzenverband der Gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen (GKV) auf Anfrage gegenüber 'Stiftung Warentest' im Mai 2017 erklärte. Die Kältekappen erfüllen leider nicht die Anforderungen an ein "sächliches Mittel oder technisches Produkt", welches beeinträchtigte Körperfunktionen ersetzt, erleichtert oder ergänzt und ist damit nicht mit Brille, Prothese oder Hörgerät vergleichbar.

Betroffene sollten dennoch bei ihrer Krankenkasse anfragen, ob sich ein Antrag auf Bezuschussung für sie lohnt. Im Einzelfall könnte für die recht teure Begleittherapie ein Zuschuss gewährt werden. Privatpatienten könne hier deutlich mehr Glück haben.

Entscheidet die Patientin sich, die Kühlkappenbehandlung aus eigener Tasche zu bezahlen, sollte mit Behandlungskosten von rund 2.000 Euro gerechnet werden. Pro Anwendung liegen die Kosten zwischen 30 und 60 Euro.

Da es sich bei der Chemotherapie-bedingten Alopezie in der Regel um einen kurzfristigen Haarverlust handelt, werden auch die Kosten für eine Echthaarperücke in der Regel nicht von den Gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Eine Kosten-Nutzen-Kalkulation kann also lohnenswert sein.

Mit welcher Wirkung können Patientinnen rechnen?

Verläuft die Behandlung mit den Kältekappen erfolgreich, können Patientinnen damit rechnen, dass sie keinen oder einen Haarverlust von weniger als 50 Prozent erleiden. Tuch oder Perücke werden in diesem Fall nicht benötigt.

Aus den oben genannten Studien ging hervor, dass rund fünf Prozent der Patientinnen keinerlei Haarausfall nach der Kälteanwendung erlitten. Außerdem konnte herausgearbeitet werden, dass die Erfolgsaussichten der Kältetherapie bei einer taxanhaltigen Chemotherapie deutlich besser sind als bei dem Einsatz von Anthrazyklin.

Nach bisherigen Erkenntnissen soll die Kühlkappen-Therapie bei rund 60 bis 80 Prozent der Frauen Wirksamkeit zeigen und trägt damit erheblich zum Erhalt der Lebensqualität bei.

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Grundsätzlich sollten sich Patientinnen jedoch die Frage stellen, ob die Kältekappen-Therapie eine für sie so Lebensqualität steigernde Maßnahme ist, dass alle genannten Nebenwirkungen und die im Vergleich dazu noch recht geringen Erfolgschancen in Kauf genommen werden wollen. In jedem Fall muss vor der Anwendung Rücksprache mit dem behandelnden Arzt gehalten werden, der diesbezüglich eine Empfehlung aussprechen kann.

*Bei den oben genannten Studien handelt es sich um von den Herstellern der Kühlkappen finanzierte Studien aus den USA: (JAMA 2017; 317: 596); (JAMA 2017; 317: 606)