Johanna Gastdorf: "Das Thema Hospiz muss aus der Tabuzone"

Johanna Gastdorf findet das Thema Sterbe-Hospiz mehr als relevant, sie selbst könnte sich vorstellen als Sterbebegleiterin zu arbeiten.

Johanna Gastdorf 2019 in Köln.
Schauspielerin Johanna Gastdorf kann sich vorstellen, selbst als Sterbebegleiterin zu arbeiten. Foto: imago images / Future Image
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Als Mutter in "Das Wunder von Bern" hatte Johanna Gastdorf 2003 ihren Durchbruch. Seitdem wirkte die Schauspielerin in zahlreichen Serien, Fernseh- und Kinofilmen mit. Mit uns sprach die gebürtige Hamburgerin über ihren Erziehungsstil, ihr soziales Engagement – und das Thema Tod.

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Warum Johanna Gastdorf das Thema Sterbe-Hospiz so am Herzen liegt

Corona hat uns alle durchgerüttelt – haben Sie ein neues Hobby für sich entdeckt?

Vor allem habe ich wie ein Berserker aufgeräumt. Um den Garten kümmere ich mich ja schon immer. Ich bin zwar nicht sehr begabt dabei, aber mit ganz viel Liebe bei der Sache. Ich habe jetzt mal einen Himbeerstrauch gepflanzt, einen Johannisbeerstrauch, versuche Blumenwiesen für die Wildbienen zu ziehen, solche Sachen. Da gibt es immer was zu tun.

Sie engagieren sich mit Ihrem Mann Jan-Gregor Kremp (57) und Ihrem Sohn Leo (23) ehrenamtlich in Hospizen. Wieso ist Ihnen das wichtig?

Mein Vater ist sehr früh gestorben, deshalb war der Tod schon immer präsent in meinem Leben. Dann schiebt man ihn viele Jahre weit weg, aber je älter ich werde, desto größer ist das Bedürfnis, den eigenen Tod sozusagen "beratend hinzuzuziehen“". In der Regel hilft es einfach dabei, richtige Entscheidungen zu treffen, das Wesentliche in den Vordergrund zu rücken, wertzuschätzen. Entkommen werden wir ihm nicht. Also bemühe ich mich, ihm einen Platz an meiner Seite zu gewähren. Aber leicht ist das natürlich nicht. Dabei zu helfen, das Thema Hospiz aus der Tabuzone zu holen, ist ein Anfang.

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Wie wollen Sie das machen?

Ich bin jetzt seit ein paar Monaten Schirmherrin von "PalliLev". Das ist das erste stationäre Hospiz in Leverkusen, und ich bin ganz stolz, dabei zu sein. Ich sehe mich als Stütze, als Sprachrohr, um die Hospizarbeit bekannt zu machen. Ich kann mir gut vorstellen, später als Sterbebegleiterin zu arbeiten, auch die so wichtige Betreuung der Angehörigen gehört im Hospiz dazu.

„Ich kann mir gut vorstellen, später als Sterbebegleiterin zu arbeiten, auch die so wichtige Betreuung der Angehörigen gehört im Hospiz dazu.“
Johanna Gastdorf

So schwer fiel der Schauspielerin die Trennung von ihrem Sohn

Vor zwei Jahren ist Ihr einziger Sohn flügge geworden und ausgezogen. Wie sind Sie damit umgegangen?

Wie für die meisten Eltern war das auch für uns ziemlich schwierig. Zu der Zeit sind, innerhalb von neun Tagen, die Eltern meines Mannes sehr unerwartet gestorben. Das war schon ein ordentlicher Packen. Hinzu kam, dass mein Mann natürlich in München weiterarbeiten musste. Immerhin hatte ich meine eigene Berufswelt, die lief ja weiter. Das hat mir in dieser Zeit Halt und Struktur gegeben.

Wie ist die Beziehung zu Ihrem Sohn jetzt?

Unsere Beziehung ist sehr gut. Wir haben die "Trennung" gut überstanden (lacht).

Sie haben oft die Mutterrolle gespielt. Was sollte man seinem Kind als Mama mitgeben?

Oh, da will ich jetzt natürlich ins Schwarze treffen. Mein Sohn sagt, dass er sehr glücklich ist über seine Kindheit und dass er sehr froh war, uns immer auf seiner Seite zu wissen, obwohl ganz klare Regeln galten. Das ist das Entscheidende. Wir sind immer auf seiner Seite gewesen, aber natürlich waren wir auch streng. Wir haben ihm nur zuerst zugehört und uns, wenn nötig, vor ihn gestellt.

Hatten Sie Angst, etwas falsch zu machen?

Es bestand immer die Gefahr, dass wir Leo zu sehr verpäppeln. Wir kommen beide aus kinderreichen Familien, und er ist unser einziger Sohn. Da hat man natürlich schon die Neigung, ihn komplett zu verwöhnen und zu betüddeln, zu helikoptern. Wir waren bemüht, uns dessen bewusst zu sein und uns zurückzuhalten. Regeln wie "nein heißt nein" sind da hilfreich. Kinder, die nur immer hören, "du bist toll, du machst alles richtig", die kommen ja oft später im Leben überhaupt nicht gut klar.