Bewegende Beichte

Schicksal der Woche: "Mein Mann ist ein Geizhals"

Christine* (63) hat ein Problem- ihren geizigen Mann! Wie ist es, wenn Geld die Beziehung belastet?

Schicksal der Woche
Schicksal der Woche: "Mein Mann ist ein Geizhals" Foto: Dobrila Vignjevic/iStock
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In unserer Rubrik 'Schicksal der Woche' berichten Menschen anonym, über sensible Themen, die sie bewegen. Wir von Liebenswert befragen im Anschluss einen Experten zu dem Thema: Was kann in einer solchen Situation helfen und worauf sollte man unbedingt achten?

Das Schicksal dieser Woche: Eine Frau, die mit einem Geizhals verheiratet ist.

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Christines* Mann ist ein Geizhals. Das war er zwar schon immer, doch jetzt weiß sie nicht mehr zu helfen, da es ungeahnte Ausmaße annimmt. Die Situation schildert sie hier:

Mein Mann war schon immer geizig

Ich bin schon seit 35 Jahren mit meinem Mann verheiratet, daher ist mir sein Geiz vertraut. Nun nimmt er aber ungeahnte Ausmaße an.Unsere ganze Beziehung über hat Holger sehr auf unsere Finanzen geachtet. Er hatte auch immer einen Vorwand für sein sparsames Verhalten. Erst wollte er auf unsere Hochzeit sparen. Die durfte dann aber auch kaum etwas kosten, da wir ja auf ein Haus sparen sollten. Als wir unser kleines Häuschen gekauft hatten, wollte er kein Geld mehr ausgeben, um für die Kinder zu sparen. Aber da fing das Problem an! Er hat nicht verstanden, warum unsere zwei Kinder so oft neue Kleidung brauchten. Die Schuhe waren doch erst ein paar Monate alt und noch gut. Das mag sein, doch leider schon wieder zwei Nummern zu klein.

In romantische Restaurants oder Urlaube hat er mich auch sehr selten ausgeführt. Erst verdient durch seinen Job das meiste Geld. Ich fand das, als es nur um mich ging, gar nicht schlimm, aber der Geiz unseren Kindern gegenüber hat mich wahnsinnig gemacht. Nun sind die beiden schon längst erwachsen und ausgezogen. Über die Jahre habe ich wohl die Ausmaße des Geizes vergessen.

Es wird immer schlimmer

Unsere Tochter hat uns aber im Frühling eine kleine Enkelin geschenkt und natürlich möchte ich sie immer reichlich beschenken. Holger hingegen versteht nicht, warum die Kleine so viele Strampler oder Kuscheltiere braucht. Er verbringt lieber Zeit mit ihr, als ständig Geschenke zu machen. Mir kommen allerdings Zweifel und ich glaube, er will einfach nur kein Geld ausgeben.

Auch einen neuen Vorwand hat er schon! Unsere Rente und die Inflation- er hat Angst vor der Altersarmut. Ich habe viele Jahre mit der Erziehung unserer Kinder verbracht und danach Teilzeit gearbeitet. Auch mir machen meine geringe Rente und die steigenden Preise Angst- ich verstehe aber nicht, warum unsere Enkelin das ausbaden muss.  Holger arbeitet seit Jahren in einem Autokonzern und verdient gut, dementsprechend wird auch die Rente in ein paar Jahren ausfallen. Unser Haus ist abbezahlt und wir brauchen nicht viel. Auch wenn die Preise steigen und wir uns keinen großen Luxus leisten können, werden wir doch immer über die Runden kommen. Wir sind beide über 60 und ich sehe nicht ein, meine wohlverdiente Rente mit Sparen und Geiz zu verbringen.

Ich zweifle an unserer Beziehung

 Er wirkt immer paranoider und rechnet mir jeden Cent vor. Auch von meinem eigenen Verdienst möchte ich mir schon fast nichts mehr kaufen. Gönne ich mir ein hübsches Kleid oder eine schöne Tasche, ernte ich nur vorwurfsvolle Blicke. Dabei ist es doch mein Geld.

So habe ich mir unsere Ehe nun wirklich nicht vorgestellt. Wir sind beide fit und könnten so viele schöne Dinge unternehmen, wenn wir bald in Rente gehen. Ich befürchte aber, dass wir weder Reisen unternehmen noch neue Hobbys ausprobieren werden, weil Holger das alles zu teuer ist.  Von dem Streit um das Geld, wenn wir beide daheim sind nicht zu reden. Vor dieser Zukunft graust es mir richtig. Aber ich kann mich doch nicht trennen? In meinem Alter neu zu starten, traue ich mir nicht zu. Ich will aber auch nicht seinem ständigen Geiz ausgesetzt sein. Gerade wenn wir bald beide daheim sind.  Da er aber schon immer so war, glaube ich nicht, dass er sich ändern wird. Ganz im Gegenteil, es wird ja immer schlimmer.

Das sagt die Expertin

Expertin Heike Klopsch erklärt, was extremer Geiz mit einer Beziehung macht und warum man diesen hinterfragen sollte.

Schicksal der Woche - Foto: Heiderose Kay

Unsere Expertin

 Heike Klopsch ist Beziehungs- und Trennungscoach. In ihrer Hamburger Praxis Herzkümmerei berät sie Menschen mit Liebeskummer, in Trennungssituationen und auch solche, die auf der Suche nach einem neuen Partner, bzw. einer neuen Partnerin sind. Als Expertin rund um Beziehungsfragen bloggt und podcastet sie regelmäßig. Sie ist für verschiedenen Medien als Autorin tätig.      

www.herzkuemmerei.de

Wie spricht man Finanzen in einer Beziehung am besten an?

"Über Geld spricht man nicht" – diesen Satz haben viele verinnerlicht. Und tatsächlich ist es für viele Menschen sehr unangenehm, über Geld zu sprechen. Aber warum eigentlich? Geld und Liebe sind eng miteinander verwoben, viel enger als wir glauben – Grund genug also, um darüber zu sprechen. Ein gemeinsames finanzielles Verständnis ist eine wichtige Basis für eine gelingende Beziehung. So wie wir unsere Vorstellungen darüber abgleichen, wie wir unsere Kinder aufziehen wollen, wo und wie wir leben wollen, so sollten wir auch ein gemeinsames Verständnis zum Thema Geld entwickeln, damit wir langfristig eine gesunde und transparente Beziehung führen können. Auch wenn es Ihnen  schwerfällt: Tauschen Sie sich möglichst offen darüber aus, was Sie zum Thema Geld denken. Wie wollen Sie als Paar mit den Themen "Gemeinsame Ausgaben, Sparen, Finanzieren" umgehen. Wofür wollen Sie wieviel Geld ausgeben? Soll es ein gemeinsames Konto geben oder sind getrennte Konten  besser? Oft haben wir tatsächlich unterschiedliche Vorstellungen zum Thema Geld. Wichtig ist es dann, genau hinzuhören, was dem anderen wichtig ist und vor allem warum. Wenn wir über Geld reden, reden wir auch immer über uns selbst – unsere Prägungen, unsere Ängste…  Es hat vielleicht Gründe, warum jemand so sparsam ist. Vielleicht sind Sie in einer Familie aufgewachsen, in der Geld immer sehr knapp war. Das Thema Sparsamkeit könnte dann eine große Bedeutung für Sie haben, weil es mit eng mit dem Thema Sicherheit verknüpft ist. Ihr Partner hingegen hat vielleicht eine ganz andere "Gelderfahrung", weil Geld immer ausreichend da war. Versuchen Sie (gemeinsam) herauszufinden, was Sie mit dem Thema Geld verbinden und welche Emotionen dabei angesprochen werden. Bleiben Sie unbedingt liebevoll und wertschätzend miteinander, versuchen Sie Ihren Partner mit seinen Vorstellungen ernst zu nehmen und gemeinsam Kompromisse zu finden. Offene Kommunikation und gegenseitiges Verständnis sind entscheidend, um finanzielle Herausforderungen in einer Beziehung zu bewältigen und eine gemeinsame Grundlage für den Umgang mit Geld zu schaffen.

 

Bedeutet Geiz gegenüber dem Partner/geliebten Menschen automatisch fehlende Wertschätzung?

In der Liebe geht es immer ums Geben und Nehmen – das gilt auch für das Thema Geld. Natürlich wünschen wir uns einen Partner, der in materieller Hinsicht großzügig ist.  Aber nicht immer ist Geiz  gleichbedeutend mit fehlender Wertschätzung. Wenn jemand geizig ist, kann es auch daran liegen, dass er finanziell schlicht knapp bei Kasse ist oder Schwierigkeiten hat, seine Finanzen zu kontrollieren. Das wäre aber dann aber eher ein Ausdruck von Angst oder Unsicherheit. Möglicherweise hilft es im gemeinsamen Gespräch schon, wenn man über Sparsamkeit statt über Geiz spricht. Die Wortwahl kann schon zu einer emotionalen Entlastung in der Kommunikation führen.  "Warum bist du so sparsam?" klingt doch ganz anders als wenn ich zu meinem Partner sage "Du bist so geizig!". Damit ist ein klärendes Gespräch über das Thema Geld viel eher möglich…

 Wenn Sie aber das Gefühl haben, dass sich der Geiz gegen Sie oder gegen Ihr Wohlergehen richtet, dann sollten unbedingt alle Alarmglocken bei Ihnen schrillen. In Beziehungen geht es kurz gesagt auch immer um Macht. Geld – Macht – Liebe: In diesem Bermudadreieck sind schon viele Beziehungen versunken. Wenn Ihr Partner versucht, über Geld Macht auf Sie auszuüben, dann hat das sehr wohl etwas mit mangender Wertschätzung zu tun. Sie werden eingeschränkt, Ihr Partner will Sie vielleicht über das Thema Geld "kleinhalten", kontrollieren. Er setzt damit enge Grenzen – für Sie als Person, aber auch in der Entwicklungsfähigkeit Ihrer gemeinsamen Beziehung. Überlegen Sie sich in dem Fall gut, ob Sie einer Beziehung, in der Sie nicht auf Augenhöhe sind, bleiben wirklich wollen.         

Gibt es einen Unterschied zwischen plötzlichem Geiz und solchem, der schon immer da war?

Ich würde tatsächlich unterscheiden zwischen situativer "Sparsamkeit" und Geiz, der sich unangenehm durch Ihre gesamte Paarbeziehung zieht. Da gilt es zu differenzieren: Vielleicht ist ein Ereignis eingetreten, dass die finanziellen Bedingungen stark verändert. Vielleicht ist Ihr Partner arbeitslos oder durch eine Krankheit arbeitsunfähig geworden? Vielleicht haben Sie gerade eine sehr große Anschaffung gemacht und das Budget ist einfach nicht mehr da. Diese Form der finanziellen Einschränkung ist nicht schön, aber sollten sie als Paar gemeinsam durchstehen. Wenn Sie eine gute und tragfähige Beziehung haben, werden Sie gemeinsam Lösungen finden, um die "Finanzflaute" zu überstehen.               

 Ab wann sollte Geiz ein Trennungsgrund sein?

Grundsätzlich engt Geiz eine Beziehung ein. Besonders dann, wenn zu materiellem Geiz noch der emotionale Geiz dazu kommt. Übertriebene "emotionale Sparsamkeit" führt dazu, dass wir in einer Beziehung irgendwann verhungern. Sie führt dazu, dass wir uns als Person abgelehnt und nicht geschätzt fühlen. Die emotionale Bindung und das Vertrauen in die Partnerschaft werden über die Zeit schwinden. Wenn das in gemeinsamen Gesprächen oder in einer begleitenden Paartherapie aufgelöst werden kann, ist es Zeit zu gehen!     

*Name von der Redaktion geändert

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