Schicksal der Woche

Schicksal der Woche: "Ich bin verrückt vor Eifersucht"

Kathrin* (51) möchte ihre krankhafte Eifersucht überwinden. Sie fühlt sich mit dem Thema allein gelassen und hofft nun endlich auf Beistand.

Mann und Frau in Konfliktsituation
Kathrin spürt wie ihre Eifersucht einen Keil zwischen sie und ihren Partner treibt. Foto: courtneyk / iStock
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In unserer neuen Rubrik 'Schicksal der Woche' berichten Menschen anonym über sensible Themen, die sie bewegen. Liebenswert befragt nachträglich einen Experten zu diesem Thema: Was kann man in einer solchen Situation machen, worauf sollte man unbedingt achten und was ist ein absolutes No-Go?

Das Schicksal dieser Woche: Eine Frau, die ihre Eifersucht nicht unter Kontrolle hat.

Kathrin kann es einfach nicht ertragen: Wenn ihr Partner mit anderen Frauen spricht, macht sie das misstrauisch. Wie es sich anfühlt, vor lauter Eifersucht fast durchzudrehen, erzählt sie hier:

Früher war Eifersucht nie ein Thema...

Natürlich kenne ich den Spruch: „Eifersucht ist eine Eigenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft.“ Früher habe ich darüber auch gelacht. Ich hatte auch kein Problem, wenn mein Freund auf Partys mit anderen Frauen redete. Wenn ich eine Geschichte über eine eifersüchtige Frau gelesen habe, habe ich mit den Schultern gezuckt. „Die ist hysterisch“, dachte ich dann. Und heute? Jetzt bin ich selbst so. Und ich kann nichts dagegen tun?

Zerstöre ich mit meiner krankhaften Eifersucht unsere Beziehung?

Der peinliche Höhepunkt passierte vor einer Woche: Auf einer Party bei Nachbarn unterhielt mein Freund Jan sich lange mit einer Frau, die ich nicht kannte. Am Ende schrieb sie ihm etwas auf einen Zettel. In dem Moment verlor ich die Nerven. Ich ging auf die beiden zu und zischte: „Na, wann habt ihr euch denn zum Schäferstündchen verabredet?“ Jan sah mich nur kalt an: „Das ist Tina. Sie ist gerade mit ihrem Mann und zwei Kindern in die Nachbarschaft gezogen. Sie hat mir ihre Adresse aufgeschrieben, weil sie uns zu ihrer Einzugsparty eingeladen hat.“ Oh Gott, ich schämte mich. Schlimmer hätte ich mich nicht blamieren können. Als wir zu Hause waren, sagte er wütend: „Was hast du dir eigentlich dabei gedacht? Wenn du deine Eifersucht nicht in den Griff kriegst, sehe ich wirklich schwarz für unsere Beziehung.“

Die Ursache liegt wohlmöglich in der Kindheit

Jetzt habe ich Angst, dass ich alles kaputt mache. Aber ich kann meine Gefühle einfach nicht kontrollieren. Manchmal denke ich, dass ich so eifersüchtig bin, weil mein Vater uns verließ, als ich zwölf Jahre alt war. Die Ehe meiner Eltern war nicht besonders harmonisch, aber sie stritten sich auch nie laut. Ich verstand die Welt nicht mehr und heulte wochenlang. Meine Mutter sagte damals: „Auf Männer kannst du nicht bauen, die suchen sich immer eine Jüngere, wenn du ausgedient hast.“ Diesen Satz habe ich nicht vergessen. Er verfolgt mich bis heute. Damals habe ich nicht darauf gehört. Hatte mit 15 meinen ersten Freund. Eifersucht war ein Fremdwort für mich.

Dann, mit 16, traf ich auf dem Nachhauseweg Jan. Er war zwei Klassen über mir und stand kurz vor seinem Abschluss. Kurz danach waren wir zusammen. Mit Jan an meiner Seite fühlte ich mich sicher und richtig beschützt. Er machte dann eine Ausbildung zum Elektriker und paukte abends mit mir für die Schule. Ihm verdanke ich es, dass ich meine Mittlere Reife schaffte und einen Ausbildungsplatz als Hotelfachfrau bekam. Dann, vor fünf Jahren, zogen Jan und ich zusammen. Trotzdem sahen wir uns plötzlich immer weniger. Der Eigentümer des Elektrogeschäfts will Jan als Nachfolger aufbauen. Und ich arbeite als Rezeptionistin in einem Hotel, habe häufig Spätschicht. Ich hatte das Gefühl, mich von Jan zu entfernen. Das erzählte ich meiner Mutter. Sie sagte nur: „Pass bloß auf, dass er dir nicht wegläuft.“ Das saß. Zum ersten Mal bekam ich Angst, dass ich Jan verlieren könnte. Und dann war sie da: diese krankhafte Eifersucht, wenn er mit anderen Frauen sprach. Immer häufiger machte ich ihm Szenen.

Werde ich meine Eifersucht überwinden können?

Jan hatte zunächst Verständnis: „Ich weiß ja, dass es schwierig für dich ist, aber ich bin nicht wie dein Vater.“ Eines Abends kam ich gegen 24 Uhr von der Arbeit nach Hause. Jan war nicht da. Gegen zwei Uhr früh kam er endlich. Er war leicht angetrunken. „Tut mir Leid, ich war noch mit meinem Chef unterwegs.“ Am nächsten Tag rief ich unter einem Vorwand in seiner Firma an. Sein Chef war dran. „Ich habe gehört, sie hatten einen schönen Abend“, säuselte ich. „Ja, es war etwas mehr als ein Feierabendbierchen. Meine Tochter hat noch immer Kopfschmerzen.“ Als Jan am Abend nach Hause kam, machte ich ihm eine Szene. „Warum sagst du mir nicht, dass du scharf bist auf die Tochter deines Chefs? Willst wohl ins Geschäft einheiraten?“ Jan wurde blass. „Tut mir leid, ich hab’ dir verschwiegen, dass sie dabei war, weil ich weiß, wie eifersüchtig du bist.“ Seitdem durchsuche ich seine Taschen nach einem Beweis, dass er mich betrügt. Hätte er mich nicht angelogen, wäre ich vielleicht nicht ausgeflippt, als er mit der neuen Nachbarin sprach. Ich spüre, dass unsere Beziehung vergiftet ist. Ich will Jan auf keinen Fall verlieren. Aber wenn ich ihn mit anderen Frauen sehe, drehe ich durch. Wie kann ich meine Eifersucht überwinden?

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Das sagt die Psycho- und Paartherapeutin

Paartherapeutin Dr. Karin Neumann vermutet, dass das Gefühl von Eifersucht schon länger in Kathrins Unterbewusstsein geschlummert hat und dann aufgrund der Kommentare aus dem Umfeld zum Vorschein gekommen ist.

Dr. Karin Neumann  - Foto: Dr. Karin Neumann

Dr. Karin Neumann

Unsere Expertin zum Schicksal der Woche: Karin Neumann

Dr. Karin Neumann entwickelt als Psycho-, Trauma- und Paartherapeutin einfache und effiziente Selbsthilfetechniken, um Menschen in Beziehungen zu unterstützen. In ihrem Buch "Ängste, Schuld, Selbstzweifel?: Erkennen und lösen mit PSI Psychosomatische Integration" widmet sie sich der Methode der Psychosomatischen Integration, mit deren Hilfe man mehr Selbstliebe, Selbstwert, Lebenszufriedenheit, Leichtigkeit und Glück erlangen kann.

Weitere Infos über unsere Expertin und ihr Buch finden Sie hier.

Inwieweit ist das Gefühl von Eifersucht und Misstrauen in einer langen Partnerschaft normal/berechtigt?

Wir werden maßgeblich als Kind von den Mustern unseres Ursprungsystems geprägt. Aus diesem Grund ist es naheliegend, dass das Problem der Eifersucht schon länger besteht.

Entweder gab es Verletzungen seitens des Partners erst in letzter Zeit, die das Misstrauen seiner Gattin weckte und sie dadurch plötzlich so eifersüchtig wurde oder sie hat ihre Eifersucht schon lange Jahre versteckt und sich damit fürchterlich gequält, weil sie es niemanden zeigen und darüber sprechen konnte!

Denn die Basis für Eifersucht stammt meistens aus unserer frühsten Kindheit, vor allem, wenn eine Person zu wenig Liebe, Zuwendung und Aufmerksamkeit bekam und somit z.B. die Lebensgrundüberzeugung entwickelt hat: „Ich bin nicht wichtig und/oder nicht liebenswert, etc.“ Damit einhergehend gab es auch oft ein oder mehrere Verlusterlebnisse in der Kindheit oder im Jugendalter, wie z.B. Trennung oder Scheidung der Eltern oder Stiefeltern aufgrund von Affären u.v.m. Wichtig sind darüber hinaus auch alle Vorerfahrungen, wie die Eltern mit dem Thema Eifersucht umgegangen sind. Auch, ob es Nebenbeziehungen oder sonstigen Betrug bei den frühen Bezugspersonen gegeben hat.

Somit: Ein bisschen Eifersucht kennt wohl jeder von uns, und das ist auch ganz normal. Wenn jedoch keine tatsächliche Gefahr besteht, den anderen zu verlieren, dann ist das krankhaft. Kann man dem unbedingten Drang, das Handy, die Emails etc. des Anderen nicht widerstehen, so muss man hinterfragen, woher dieses Misstrauen kommt und sich offen an professionelle Hilfe wenden.

Was kann der Partner/die Partnerin tun, um der betroffenen Person Sicherheit zu geben?

Da Eifersucht immer unterschiedlich stark ausgeprägt ist und meistens die wichtigsten Bezugspersonen eines Menschen betrifft kommt es darauf an, auf wen die Person eifersüchtig ist. Am häufigsten ist das bei der Partnerin bzw. dem Partner der Fall, sie kann jedoch auch zwischen Geschwistern oder Freund/innen vorkommen.

Frauen suchen übrigens mehr die Schuld bei sich selbst, häufig aus einem schlechten Selbstwertgefühl. Männer wiederum geben oft der Partnerin die Schuld daran, wenn sie eifersüchtig sind und werden dann wütend und drücken diese emotionale Belastung durch Aggression bei der Frau - oder den vermeintlichen Konkurrenten – aus.

Für Partner/innen von eifersüchtigen Personen ist es eine wirklich schwierige und herausfordernde Situation, dem geliebten Menschen Sicherheit zu geben, denn sie wissen nicht, wie sie ihr/ihm beweisen können, dass sie kein Interesse an einer/m anderen haben und sie/ihn schon gar nicht betrügen wollen. Egal, was sie machen oder sagen, es wirkt meist nur kurz bzw. gar nicht. Statt Zeit im Alltag für schöne Dinge zu verwenden, dreht sich dann alles nur mehr um das eine Thema: Die Eifersucht.

Natürlich ist es gut und wichtig, der/dem Anderen immer wieder zu sagen und zu signalisieren, wie wichtig ihm diese Person ist. Jedoch hält dieses Gefühl der „Sicherheit“ nur kurz an. Wichtig ist wirklich, der Eifersucht auf den Grund zu gehen um zu verstehen, weshalb die Person so unsicher ist und immer glaubt, dass alle anderen besser, schöner, intelligenter als sie seien!

Welche Maßnahmen können Betroffene in dieser Situation ergreifen? Halten Sie eine Paartherapie für sinnvoll?

Wichtig ist, dass die/der Betroffene versteht, dass Eifersucht immer kontraproduktiv, ist, denn man möchte ja den geliebten Menschen um nichts in der Welt verlieren - gerade das kann aber passieren, wenn man mit diesem krankhaften „Verfolgungswahn“ den anderen emotional in die Flucht schlägt.

Ich habe immer wieder Menschen in meiner Praxis, die meinen: „Mein/e Partner/in ist seit Jahren so eifersüchtig, ich halte das nicht mehr aus. Ich überlege mir ernsthaft, einmal tatsächlich einen Seitensprung zu machen, denn das würde auch keinen Unterschied mehr für mich bedeuten, weil mir das sowieso dauernd unterstellt wird; und dann ist das zumindest berechtigt …!“

Natürlich sind auch die Erfahrungen aus vorherigen Beziehungen prägend. Wurde man bereits von seinem/r Partner/in betrogen, wird man in der nächsten Partnerschaft besonders sensibel und übervorsichtig auf dieses Thema reagieren. Dann ist es oft schwer für die betroffene Person, die Gedanken, die sich nur ums „Betrogen werden“ kreisen, abzustellen, sie zermürben die Person förmlich.

Eine Paartherapie halte ich für unbedingt notwendig, wenn das Thema Eifersucht zur ständigen Sorge und Qual für die/den Betroffenen, aber auch für die/den Partner/in wird. Es gibt viele Gründe, weshalb Menschen so viel Angst haben, verlassen zu werden und sich unsicher zu fühlen. Das kann in einer Paartherapie geklärt und bearbeitet werden.

In einer Paartherapie werden unbewusste Muster aufgedeckt und die/der Therapeut/in dient sozusagen als Dolmetscher zwischen dem Paar. Es werden die Gründe und Quellen für Eifersucht und die daraus entstehenden Auseinandersetzungen aufgedeckt, um Lösungen für die Zukunft zu finden, wie die Beziehung gut funktionieren kann, weil jeder lernt, die Bedürfnisse des anderen zu erkennen wertzuschätzen. Alte Glaubenssätze („ich bin nicht liebenswert“, etc.) sowie negative Verhaltensweisen können erkannt und positiv verändert werden. Ein positiver und liebevoller Umgang mit sich selbst ist die Basis für eine gute Partnerschaft.

Was würden Sie Betroffenen in einer solchen Situation raten?

Selten schaffen es Menschen, aus einer solchen Situation alleine herauszukommen. In einer Beziehung „kämpfen auch immer zwei kleine, verletzte Kinder“ miteinander. Dabei sind bestimmte Verhaltensmuster „Trigger“ aus der Kindheit, die man mit professioneller Hilfe erkennen und aufarbeiten sollte (u.a. auch mit Traumatherapie). Sie finden diesbezüglich spezielle dafür geschulte PsychotherapeutInnen im Internet unter „Traumatherapie“.

Psychotherapie ist somit wichtig, damit auch beide alleine ihre alten Traumatisierungen und psychischen Belastungen aufarbeiten können und die prägenden negativen Muster aus ihrer Kindheit und Jugend erkennen und positiv verändern, um miteinander auf Augenhöhe eine gute Beziehung führen zu können und sich in diversen Situationen nicht wieder wie die/der 5-Jährige fühlt, die/der so viel Aufmerksamkeit bräuchte, aber diese von der geliebten Person nicht bzw. zu wenig bekommt.

*Anmerkung: Namen von der Redaktion geändert

*Enthält Affiliate-Links

Quelle: Laura