Nach dem Tod ihres Mannes

Jutta Kammann: "Ich habe gelernt, allein durchs Leben zu gehen"

Der Verlust ihrer großen Liebe führte zu tiefem Leid – eröffnete Jutta Kammann letztlich aber auch neue Perspektiven.

Schauspielerin Jutta Kammann
Jutta Kammann spielt Oberschwester Ingrid in der Serie 'In aller Freundschaft'. Foto: IMAGO / APress
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Wilhelm sollte ihre große Liebe werden. Und die einzige. Mit ihren roten Haaren und ihrer Jugendlichkeit gewann Schauspielerin Jutta Kammann sofort das Herz des 30 Jahre älteren Regisseurs. Sie war süße 19, eigentlich trennten die beiden Welten. Doch seine Liebe schenkte ihr Selbstvertrauen, gab ihrem Leben Sinn.

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30 Jahre sollte Wilhelm Semmelroth († 78) ihr Wegweiser und die starke Schulter zum Anlehnen sein. Ein Leben ohne ihn konnte sie sich gar nicht mehr vorstellen. Doch dann wurde er schwer krank und starb. Die beliebte Schauspielerin stand vor dem Nichts. Aber sie schöpfte neue Kraft. Und mehr noch: "Ich lernte, allein durchs Leben zu gehen."

Als ihr Mann starb, ging ein Teil von ihr

Zehn Jahre lang war sie auf den Tod ihres schwer kranken Wilhelm vorbereitet. Sie wusste, dass es eines Tages passieren würde. Aber als er dann im Sommer 1992 von ihr ging, wurde Jutta Kammann von Schmerz und Trauer doch mitgerissen: "Mit ihm starb auch ein Teil von mir. In der Anfangszeit konnte ich mir kaum vorstellen, wieder zu heilen", erinnert sie sich.

Wie sollte es weitergehen? Wie sollte sie ohne ihn zurechtkommen? Quälende Fragen, auf die sie keine Antwort fand. In der ersten Zeit tröstete sich die heute 77-Jährige mit täglichen Besuchen an seinem Grab. Dort spürte sie seine Nähe, suchte seinen Rat.

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Doch dann kam der erste Heiligabend ohne ihren Wilhelm – und Jutta Kammann fiel in ein Meer der Tränen. Sie dachte an die vielen Weihnachtsfeste, die sie mit ihm gefeiert hatte: "Jedes Jahr besorgte er eine große Tanne für unser Wohnzimmer. Während ich den Weihnachtsbaum mit Kugeln, Sternen und Kerzen schmückte, saß er am Klavier und spielte weihnachtliche Musik. Alles glitzerte und funkelte."

An jenem Heiligabend aber – dem ersten ohne ihn – war da kein Funkeln. Nur die Trauer. Jutta Kammann: "Ich saß heulend auf meinem Sofa. Es war ein schwieriger Prozess, aus dieser Phase wieder herauszufinden."

Am Ende war es die Not, die sie antrieb: Weil sie und Wilhelm nie verheiratet waren, fehlte ihr eine finanzielle Absicherung. Das Geld ging zur Neige und spätestens da wusste die Schauspielerin: "Ich muss mein Schicksal selbst in die Hand nehmen."

Mit ihrem Mut fügte sich plötzlich alles

Gerade so, als hätte das Universum sie erhört, begegnete ihr nun eine alte Bekannte – die Schauspielagentin Carola Studler (66). Sie hatte gerade ihre eigene Film- und Fernseh-Agentur gegründet und half Jutta Kammann dabei, beruflich wieder Fuß zu fassen.

Aber nicht nur das, Carola erwies sich auch als richtig gute Freundin: "Sie zwang mich förmlich, meine vier Wände zu verlassen und rauszugehen, wann immer mich die Schwermut überfiel." Und tatsächlich: Die Schauspielerin fand neuen Mut.

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Ihre tiefe Trauer wich allmählich einer Neugier aufs Leben. Und auf die Welt, die doch so viel für sie zu bieten hat. So entdeckte die Schauspielerin das Reisen: "In unseren 30 gemeinsamen Jahren konnte ich Wilhelm nicht dazu überreden, Europa zu verlassen. Nun aber gab es niemanden mehr, mit dem ich mich hätte absprechen müssen. Es lag an mir, ganz allein herauszufinden, wo mich die Sehnsucht hintrieb."

Jutta Kammann: "Ich hatte das Glück, dass ich meine große Liebe leben durfte"

Auf eigene Faust wagte sie sich nach Amerika. Ein Abenteuer, das sie nie vergessen hat. Und es sollten viele weitere folgen. Das Reisen zwang sie, mutig zu sein und unter Leute zu gehen.

Mit ihrem wachsenden Mut fügte sich alles. Jutta Kammann ergatterte die Rolle der Oberschwester Ingrid in der Serie 'In aller Freundschaft' und lernte etwa zeitgleich zufällig Gilla kennen. Aus der Bekanntschaft erwuchs Freundschaft, viele gemeinsame Unternehmungen und Urlaube folgten. Bis heute.

Einen Mann ließ die Schauspielerin nie wieder in ihr Leben. Dafür ist ihre Liebe zu Willem zu stark: "Ich hatte das Glück, dass ich meine große Liebe leben durfte." Die Freundschaften zu Carola und zu Gilla waren es, die ihr nach vielen Tränen den Weg zurück ins Leben ebneten. Und die ihr dabei halfen, einen Zugang zum wichtigsten Menschen im Leben zu finden, den es auf dieser Welt für sie gibt – sich selbst.