Coronavirus bekämpfen

Totimpfstoff gegen Covid-19: Definition, Anwendung, Wirksamkeit

Totimpfstoffe könnten im Kampf gegen Covid-19 bald eine weitere Alternative zu den bisherigen Impfstoffen darstellen. Welche Unterschiede es zwischen ihnen gibt und wie wirksam Totimpfstoffe sind, lesen Sie hier.

Impfstoff gegen Covid-19.
Totimpfstoffe gegen Covid-19 könnten schon bald auch in Deutschland zugelassen werden. Foto: Getty Images/iStockphoto

Die Zahl der ungeimpften Menschen in Deutschland nimmt nur langsam ab: Statistisch gesehen sind weiterhin nur rund 66 Prozent (ca. 55 Millionen Personen) der deutschen Bevölkerung vollständig gegen die durch SARS-CoV-2 hervorgerufene Erkrankung Covid-19 geimpft. Zu groß sei laut Experten*innen die Skepsis gegenüber den bisher in Deutschland zugelassenen, mRNA-Impfstoffen von BioNTech/Pfizer und Moderna sowie den beiden Vektorimpfstoffen von AstraZeneca und Johnson & Johnson.

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Einer der Gründe sei häufig die Befürchtung von vermeintlichen Langzeitnebenwirkungen (mehr dazu weiter unten im Artikel). Für viele Ungeimpfte stelle deswegen ein sogenannter Totimpfstoff eine passende Alternative da, sich langfristig gegen das Coronavirus zu schützen, da diese Art des Impfstoffs schon sehr lange erprobt ist. Was diesen von den bisher zugelassenen Impfstoffen unterscheidet, welche Wirksamkeit für die Totimpfstoffe prognostiziert wird und wann es sinnvoll sein kann, diese zu verimpfen, lesen Sie hier.

Was ist ein Totimpfstoff und wie funktioniert er?

Totimpfstoffe werden auch inaktivierte Impfstoffe genannt, weil sie abgetötete Krankheitserreger oder auch nur Bestandteile der Erreger enthalten. Diese können sich nicht mehr vermehren oder gar Krankheiten verursachen. Die toten Erreger nimmt der Körper als Fremdkörper wahr. Diese regen das körpereigene Abwehrsystem an, Antikörper zu produzieren, ohne, dass die Erkrankung im Körper ausbricht. Weil die abgetöteten Erreger allein oft nicht ausreichen, um eine Immunreaktion auszulösen, benötigen viele Totimpfstoffe zusätzlich noch einen Wirkverstärker.

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Die meisten Impfstoffe in Deutschland - wie zum Beispiel die regelmäßig angepassten Grippeimpfstoffe - gehören zu den Totimpfstoffen.

Was sind die Unterschiede zwischen Totimpfstoffen und Lebendimpfstoffen?

Im Gegensatz zu Totimpfstoffen enthalten Lebendimpfstoffe Erreger, die potenziell noch in der Lage sind, sich zu vermehren - auch sie können allerdings nicht zu einer Erkrankung führen, da die entsprechenden Eigenschaften den Erregern abgezüchtet wurden. Beispiele für Lebendimpfstoffe sind die gegen Mumps, Masern und Röteln.

Gegen Covid-19 gibt es bisher keine Lebendimpfstoffe, Totimpfstoffe hingegen schon (wenn auch noch nicht in Deutschland zugelassen).

Das Wirkprinzip von mRNA- und Vektorimpfstoffen

Die genbasierten, sogenannten mRNA-Impfstoffe enthalten in Form von mRNA (messenger ribonucleic acid, auf Deutsch: Boten-Ribonukleinsäure, bzw. Boten-RNA) bestimmte künstlich hergestellte Erbinformationen des Virus (wie zum Beispiel SARS-CoV-2-Virus). Dadurch liegt quasi der Bauplan des Antigens (im Fall von SARS-CoV-2 das Spike-Protein) vor. Bei der Impfung wird dieser Bauplan an die Zellen im Muskelgewebe übertragen, sodass sie in der Lage sind, diese Antigene (ungefährliche Virusproteine ohne Infektionsrisiko) selbst zu produzieren und diese dem Immunsystem zu präsentieren, um eine Immunantwort auslösen und Antikörper zu bilden. Kommt die geimpfte Person später mit dem Coronavirus in Kontakt, wird das Antigen wiedererkannt und das Virus gezielt bekämpft.

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Auch bei den ebenfalls genbasierten Vektorimpfstoffen gegen Covid-19 werden Informationen über den Aufbau des Spike-Proteins in die Körperzellen eingeschleust - der Bauplan liegt allerdings in Form von DNA, nicht mRNA vor. Die DNA-Teile werden außerdem mit einem abgeschwächten, für den Menschen harmlosen Trägervirus (dem sogenannten Vektor) als Transportmittel umhüllt, um in die Körperzellen zu gelangen. Schon vor Corona wurden Vektorimpfstoffe angewendet, zum Beispiel gegen Ebola oder das Dengue-Fieber.

Welche Nebenwirkungen können Totimpfstoffe haben?

Für eine Impfung gegen Covid-19 ist bei Totimpfstoffen eine Verstärkung notwendig, um eine Immunreaktion auszulösen. Dieser kann grippeähnliche Symptome im Körper hervorrufen. Generell gelten Totimpfstoffe als gut verträglich für alle Altersgruppen und Risikogruppen. Bei Totimpfstoffen müssen außerdem keine zeitlichen Abstände zu anderen Impfungen eingehalten werden.

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Kann es "Langzeitfolgen" bei Corona-Impfungen geben?

Vermeintliche Spätfolgen oder gar "Langzeitschäden" von Impfungen sind derzeit in aller Munde, dabei belegen Experten*innen, dass diese Angst bei allen zugelassenen Impfstoffen unbegründet ist und auf dem Missverständnis beruht, dass noch lange nach einer Impfung ein Schaden auftreten könne. "Generell ist es bei Impfstoffen so, dass die meisten Nebenwirkungen innerhalb weniger Stunden oder Tage auftreten, in seltenen Fällen auch mal nach Wochen. Langzeit-Nebenwirkungen, die erst nach Jahren auftreten, sind bei Impfstoffen generell nicht bekannt", erklärt Biochemie-Professor Klaus Cichutek, Chef des Paul-Ehrlich-Instituts, im Gespräch mit dem ZDF.

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Wenn von Langzeitfolgen die Rede ist, seien damit laut Professor Klaus Cichutek deshalb keine Nebenwirkungen gemeint, die erst lange nach einer Impfung auftreten, sondern sehr seltene Nebenwirkungen, die erst nach längerem und häufiger Anwendung eines Impfstoffs entdeckt werden würden. Diese können erst dann dokumentiert werden, wenn ein Impfstoff eine lange Zeit auf dem Markt ist und er in großen Mengen verabreicht worden ist. Da mittlerweile in relativer kurzer Zeit Millionen Menschen geimpft wurden, sind wenige, sehr seltene Nebenwirkungen (die, wie zum Beispiel Sinusvenenthrombosen, aber frühzeitig auftreten) deshalb auch schon bekannt.

Gleichzeitig gilt: Das Risiko, durch eine Infektion mit dem Coronavirus schwere, eventuell längerfristige Schäden davonzutragen, ist also unbeschreiblich größer als mögliche Impfrisiken (egal, ob durch die Verabreichung eines Totimpfstoffs oder eines anderen Impfstoffs).

Vor- und Nachteile von Totimpfstoffen

Totimpfstoffe haben nach Informationen des Bayerischen Rundfunks verschiedene Vorteile. Demnach sei es möglich, Totimpfstoffe relativ schnell in große Mengen zu produzieren. Ebenso seien Totimpfstoffe lange lagerfähig - bei Kühlschranktemperaturen von zwei bis acht Grad Celsius sogar mehrere Jahre lang, bei Raumtemperatur immerhin etwa 24 Stunden lang. Damit seien sie ideal, um auch in entlegenen Teilen der Erde verabreicht zu werden. Außerdem gäbe es insgesamt meist noch seltener Nebenwirkungen als bei anderen Impfstoffen, sie seien (wie oben schon erwähnt) besonders gut verträglich.

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Dafür weisen Totimpfstoffe allerdings auch Nachteile auf - vor allem in puncto Wirksamkeit. Besonders bei den neuen Coronavirus-Varianten seien beispielsweise die mRNA-Impfstoffe deutlich effektiver. Außerdem lässt der Impfschutz mit der Zeit nach, weshalb regelmäßige Auffrischungen definitiv nötig sind. Trotzdem sehen einige Experten großes Potenzial in den Totimpfstoffen zur Bekämpfung der weltweiten Pandemie, da sie sich seit Jahren im Zuge anderer Impfungen bewährt haben und Impfskeptiker sich mit ihnen wohler fühlen könnten.

Im Gespräch mit dem MDR-Gesundheitsmagazin 'Hauptsache Gesund' erklärt Prof. Uwe Gerd Liebert, ehemaliger Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Leipzig, dass Totimpfstoffe vor allem aufgrund ihrer schnellen Herstellungsart sowie der langen Lagerungsfähigkeit vielversprechend seien. So könne eine breitere Immunreaktion weltweit geschaffen werden. "In Südostasien, Amerika oder Afrika gibt es viel höhere Todesfälle als bei uns. Da wäre dieser neue Impfstoff eine wirkliche Option", sagt der Experte im Interview.

Welche Totimpfstoffe gegen Corona gibt es in Deutschland?

Bisher gibt es noch keinen Totimpfstoff gegen das Coronavirus in Deutschland. Derzeit wird aber in Europa der Totimpfstoff Valneva hergestellt. Dieser befände sich laut 'transskript' in der Studienphase 3 und habe gute Chancen, bei uns der erste Corona-Impfstoff aus inaktivierten Viren zu werden. Zurzeit werde dieser weltweit klinisch an rund 4.000 Studienteilnehmern*innen getestet (Stand 18. Oktober 2021). Eine Zulassung habe der Impfstoff des französisch-österreichischen Konzerns noch nicht erhalten.

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Generell werden Totimpfstoffe schon lange gegen anderen Krankheiten in Deutschland verwendet - zum Beispiel gegen Keuchhusten, Diphtherie, Hepatitis B, Tetanus, Tollwut oder Polio (Kinderlähmung).

Wann können Totimpfstoffe gegen Covid-19 in Deutschland verimpft werden?

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (41, CDU) hat laut den 'Stuttgarter Nachrichten' für das Jahr 2022 rund 204 Millionen Dosen Impfstoff bestellt. Insgesamt drei neue Impfstoffe sollen dann in Deutschland zum Einsatz kommen: die proteinbasierten Impfstoffe von den Herstellern Novavax und Sanofi sowie der Totimpfstoff Valneva. Etwa elf Millionen Dosen habe Spahn davon bestellt, eine Zulassung für den Impfstoff könne eventuell noch im Herbst oder Winter diesen Jahres beantragt werden - doch bis er tatsächlich genutzt werden kann, dauert es sicher noch einige Monate.

Angesichts dessen sollten sich noch Ungeimpfte genau überlegen, ob sie wirklich auf einen Totimpfstoff gegen Covid-19 warten möchten - mit Blick auf die wieder steigende Fallzahl und Hospitalisierungsrate. Das Risiko, sich (oder andere Personen) in der kalten Jahreszeit anzustecken, ist sehr hoch.

Was bedeutet eine Booster-Impfung mit einem Totenimpfstoff?

Seit Anfang Oktober rät die Europäische Arzneimittelbehörde EMA zu einer Auffrischung der Corona-Impfungen. Demnach können Erwachsene nun sogenannte "Booster"-Impfungen mit dem Impfstoff Comirnaty von BioNTech/Pfizer sechs Monate nach der zweiten Dosis erhalten (für Immungeschwächte mindestens 28 Tage nach der Zweitimpfung). Experten*innen schätzen, dass auch die hergestellten Totimpfstoffe in Zukunft als Booster gut geeignet sind. Der von Valneva enthalte nicht nur einzelne Bestandteile des abgetöteten Coronavirus, sondern das ganze, inaktivierte Virus, was die Immunreaktion erhöhe.

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