Kraft unseres Geistes

Salutogenese: Was wir daraus lernen können

Wir trinken Pfefferminztee nur, wenn wir schon krank sind – und füllen unsere Energiespeicher im Hirn erst dann auf, wenn wir keine Kraft mehr haben. Geht es einfacher? Was Salutogenese bedeutet.

Salutogenese: Was wir daraus lernen können
Laut Salutogenese verfügen wir alle über Eigenschaften, die wir zum Gesundbleiben und -werden brauchen. Foto: AntonioGuillem / iStock

Lust auf eine Zeitreise? Dann schwenken wir kurz in die Zeit, als sich unser Rückgrat langsam gerade machte und unsere Vorfahren nur noch auf zwei Beinen unterwegs waren ...

Das Interessante: Weil sie durch die Aufrichtung der Wirbelsäule ihre Hände benutzen konnten, tat sich etwas in ihren Köpfen. Erste Werkzeuge wurden gebaut, Sprache und Schrift bildeten sich aus, instinktiv ausgeführte Handlungen wurden nun gedanklich bewertet – durch richtige und falsche Schlüsse. Sowohl Nutzen als auch Risiko des Erlebten konnten als Erfahrung abgespeichert und an andere weitergegeben werden. Aus diesen Erkenntnissen wuchsen später Politik-, Bildungs- und, ja, auch Gesundheitssysteme.

Denken hilft uns also seit Urzeiten, Dinge zu begreifen und (neu) zu gestalten. Aber kann es uns auch heilen? In allen Epochen finden wir Menschen, die sich intensiv Gedanken über das Leben und das mit ihm verbundene Leiden machten. In der Antike waren es die noch heute berühmten Philosophen, die sich den Kopf zerbrachen über das Menschsein, das Zusammenwirken der Individuen, über Freiheit und Gleichheit – und über die Gesundheit natürlich. Grübelnd gelangten fast alle großen Denker irgendwann zu jener Erkenntnis, die unser geistiges Erbe werden sollte: „Der Ursprung aller Krankheiten liegt in den seelischen Belastungen.“ Heißt, dass die meisten Leiden durch eigene Denkgebäude, Vorstellungen und Werte verursacht werden. Weit über zwei Jahrtausende später ist es schließlich ein israelisch-amerikanischer Medizinsoziologe, Aaron Antonovsky, der in den 1980ern das Gedankengut antiker Denker in seine wissenschaftlichen Arbeiten einfließen lässt. Er überträgt die Gesundheits-Ideen von Aristoteles, Sokrates & Co. auf den modernen Patienten und dessen Lebensumstände und begreift Gesundheit als einen "dynamischen Prozess". Seine Erkenntnisse fasst er als sogenannte Salutogenese zusammen, als Lehre über die "Entstehung und Erhaltung von Gesundheit". Antonovskys Sichtweise wird damit zum Gegenstück der "Patho-genese", die den Entstehungsprozess von Krankheiten beschreibt.

Das ist Salutogenese

Laut Salutogenese verfügen wir alle über Eigenschaften, die wir zum Gesundbleiben und -werden brauchen. Wie etwa, kraft unseres Geistes eine höhere Sensibilität für unsere eigene Verfassung zu entwickeln, die (hoffentlich) zu einem schonenderen Verhalten führt. Das heißt: Werden uns Einflüsse bewusst, die unsere Seele schädigen und den Körper krank machen, können wir umdenken und unsere Haltung ändern. Ob die "Alten" damals aufgrund eigener Umstände schon wussten, mit welchen "Krankmachern" spätere Generationen gebeutelt sein würden? Die Vermutung liegt nahe, dass für sie Sorgen, die Sehnsucht nach Anerkennung, die Jagd nach Geld und schädigende Umweltbedingungen tatsächlich "zeitlos" waren. Zumindest hatten sie erkannt, dass unser Körper eines Tages die Zeche für jede vom unbewussten Geist gesteuerte Handlung teuer bezahlen würde. Heute bestätigen uns das die gesundheitlichen Folgen von chronischem Stress, die fast jeder von uns aufweist. Die gute "salutogenetische" Nachricht lautet jedoch: Obwohl negative und aggressive Denkmuster sowohl die Seele als auch den Organismus angreifen, sind wir in der Lage, alles zu unterlassen, was unserem System wehtut! Dank der Lehre denken wir also schleunigst um und gelangen so zu Einsichten, die uns zu Veränderungen motivieren und wahrhaft glücklich – und gesund – machen.

Wie beruhigen wir unseren Verstand?

Er könnte der Schutzschild unserer Seele sein, wenn sich unser Verstand nur nicht immer wie ein geschwätziger Tyrann aufführen würde.

Und wenn er nicht gestorben ist, dann plappert er noch heute ... Wir sehen ja ein, dass der Verstand die wohl größte Errungenschaft der menschlichen Entwicklung ist. Das Dumme ist nur: Im Kopf wird es nie still! "Mach dies, lass das, du musst jenes ..." Zum Verrücktwerden: Denn statt die seelisch gesündesten Bedingungen aus dem Angebot der Welt auszuloten, gießt der moderne Denkapparat ständig neues Öl ins Feuer unserer ohnehin schon überzogenen Ansprüche. Die Folgen: Erschöpfung, ein schwaches Immunsystem, Krankheit. Das Ziel: ein Gedankenstopp. Gegen den "Monkeymind", wie die Yogis unseren hochaktiven Verstand nennen, hilft erwiesenermaßen Meditation. Schon fünf(!) Minuten pro Tag – im Sitzen mit geschlossenen Augen – reichen aus. Wozu? Um sich langsam daran zu gewöhnen, die Gedanken wertfrei zu beobachten und Gefühle wahrzunehmen. Das beruhigt den "Affen im Kopf", entspannt den Geist, die Seele atmet auf, der Körper kann regenerieren.

Wovon hängt mein Wohlergehen ab?

Drei Säulen der Salutogenese entscheiden darüber, wie gesund wir sind – und in Zukunft sein werden. Je stärker sie ausgeprägt sind, desto besser:

1. Verstehbarkeit

Die Welt ist kein unerklärliches Chaos für mich: Ich kann Informationen und Situationen, mit denen ich alltäglich konfrontiert bin, in einen Zusammenhang stellen, der mir sinnvoll und strukturiert erscheint.

2. Bewältigbarkeit

Egal, was mir in meinem Leben widerfährt, ich bin davon überzeugt, dass Schwierigkeiten lösbar sind. Ich glaube auch daran, dass mir andere Menchen oder eine höhere Macht helfen können.

3. Sinnhaftigkeit

Ich fühle mich nicht bei jedem Problem, das sich mir in den Weg stellt, als ohnmächtiger Pechvogel, sondern sehe einen Sinn in dem, was passiert. Herausforderungen empfinde ich als Chancen, an denen ich wachsen kann.

Fit, glücklich, stark: Ich weiß, wie

Die Salutogenese sagt: Unser körperliches Wohl hängt vom Heil der Seele ab. Ein gesunder Egoismus kann daher nicht schaden.

Schon gewusst? Auch ätherische Öle können unserer Gesundheit helfen (Artikel geht unter dem Video weiter).

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Ich bleibe gesund, wenn ich mich gut fühle – klingt im Grunde einfach. Doch manche Krankheiten, vom harmlosen Schnupfen bis zu schweren Leiden wie Krebs, haben ihren Ursprung nicht in unserem Denkapparat, sondern in der Umwelt: Schnupfen entsteht durch Viren, Krebs kann zum Beispiel durch Umweltgifte ausgelöst werden. Natürlich schützen wir uns davor, so gut es geht. Doch: Um den Körper gesund zu halten, können wir handeln. Und zwar, indem wir dafür sorgen, dass wir uns innerlich stabilisieren und so oft wie möglich Glücksmomente erleben. Was wir dafür tun müssen? Jedem negativen Ereignis mindestens ein positives entgegensetzen. Blafft uns also der Chef an oder ist der Partner mal wieder unaufmerksam, machen wir uns eine "innerliche Notiz": Ausgleich schaffen! Sobald sich die Gelegenheit bietet, heißt das: ein Plausch mit der lieben Kollegin oder nachmittags eine Massage buchen. Ganz wichtig: Bloß kein schlechtes Gewissen haben! Darauf wartet der Zensor im Kopf nur, um erneut unzählige negative und krank machende Gedanken-Kaskaden loszutreten.

Die Zeiten ändern sich – und wir?

Mehr als eine, maximal zwei Sachen gleichzeitig zu tun musste nach Demokrit, Herodot & Co. notwendigerweise zu Frustration und Leid führen. Demnach war schon in der Antike bekannt: Sowohl der menschliche Geist als auch der Körper erkranken an "Multitasking". Deswegen sollten wir immer wieder Pausen einlegen, uns bewusst Zeit nehmen und darüber nachdenken: Wie ist es um meine Kraft bestellt? Auf welche Tätigkeiten kann ich verzichten? Muss denn wirklich alles perfekt werden, was wir in Angriff nehmen? Verfolgen wir gerade ein Ziel, das unerreichbar ist? Je mehr wir diese Gedankenprozesse zum Teil unseres Alltags machen, desto eher erkennen wir, wann wir uns zurücknehmen und schonen sollen. Besonders wichtig: Sich nicht mit anderen zu vergleichen. Denn jeder hat sein eigenes Maß an Kräften, das er aufwenden kann, ohne krank zu werden.

Ein weiteres philosophisches Heilmittel gegen Stress und seine Folgen: Maßhalten. Was das für uns bedeutet? Wir sollten immer wieder innehalten und nachdenken. Was will ich eigentlich? Warum? Habe ich nicht schon genug? Unsere Begierden und Emotionen haben zwar einen großen Einfluss auf uns, wir sind ihnen aber nicht machtlos ausgeliefert. Die antiken Denker wussten: Jedem Wollen liegen ein Denken und ein Urteil zugrunde. Wir können überlegen, abwägen, Entschlüsse fassen. Folgen wir blind unseren Wünschen, werden unsere Ängste größer und größer. Denn je mehr wir begehren, desto schwerer ist es, alles zu erreichen. Vor allem dann, wenn die Erfüllung unserer Wünsche nicht in unserer Hand liegt oder vom Zufall abhängig ist. Die Folge ist auch, dass wir das, was wir haben, weniger genießen und wertschätzen können.

Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Optimisten ...

... weniger Stresshormone ausschütten

... einen ruhigeren Herzschlag haben

... weniger Schmerz spüren

... einen niedrigeren Blutdruck haben

... sich seltener mit Erkältungsviren anstecken

... nach Impfungen mehr Antikörper produzieren

... sich nach Operationen zügiger erholen, weil ihre Wunden schneller heilen

... seltener an Demenzerkrankungen leiden

Kann positives Denken Kranke gesund machen?

Es gibt sie, die "Hardliner", die behaupten, jede(!) Krankheit lasse sich durch positives Denken heilen. Doch solche Aussagen sind nicht nur lebensgefährlich, sie schüren auch noch Schuldgefühle beim Erkrankten. Wie sich die Lebenseinstellung auf den Genesungsprozess von Patienten auswirkt – dazu gibt es widersprüchliche Meinungen. So untersuchten US-amerikanische Wissenschaftler den Krankheitsverlauf von Krebspatienten. Mit dem Ergebnis: Ob positiv oder negativ, ihre Einstellung hatte keinen Einfluss auf die Heilung. Allerdings wird diese Studie hitzig diskutiert. Denn andere Untersuchungen bestätigen, dass positives Gedankengut sehr wohl die Aktivität der Abwehrzellen erhöht und hilft, die Nebenwirkungen einer Krebstherapie besser zu verarbeiten. Das letzte Wort ist hier also noch nicht gesprochen.