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Freistellung zur Pflege von Angehörigen: Ihre Rechte!

Die Frage nach der Freistellung zur Pflege von Angehörigen ist ein Thema, das viele Pflegende interessiert. Schließlich pflegen wir unsere Lieben im Durchschnitt sieben Jahre. Eine lange Zeit, in der man aber auch eigene Wünsche nicht vergessen darf.

Freistellung zur Pflege von Angehörigen: Ihre Rechte!
Reden Sie mit Ihrem Chef über eine mögliche Freistellung. Foto: FredFroese / iStock
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Neben dem stressigen Alltag auch noch die Pflege seiner Lieben organisieren bringt jeden oft an seine Grenzen. Damit niemand irgendwann zusammenklappt, sollte man Auszeiten vom Job nehmen und eine Freistellung zur Pflege von Angehörigen in Betracht ziehen. Wie man das am besten mit dem Chef klärt und die Familie und sich selbst nicht vernachlässigt, erklärtPflegewissenschaftlerin Dr. Daniela Hayder-Beichel.

Wie lässt sich die Pflege am besten mit dem Job vereinbaren?

Die individuelle Lösung ist hier maßgeblich, denn der Zeitraum der Pflege lässt sich nur schwer eingrenzen. Man muss Lösungen mit dem Arbeitgeber und der Familie finden. Die persönliche Entlastung darf auch nicht außer Acht gelassen werden, weil man sonst schnell überlastet ist.

Was sind die Rechte als Arbeitnehmer/in?

Freistellungsmöglichkeiten sind im Pflegezeitgesetz und im Familienpflegezeitgesetz geregelt. Das Pflegezeitgesetz ermöglicht es, dass man sich eine begrenzte Zeitdauer – ohne Entgeltfortzahlung – von der Arbeit freistellen lässt oder in Teilzeit arbeitet, um seine Lieben betreuen zu können. Die Pflegezeit kann nur einmal pro pflegebedürftigem Angehörigen in Anspruch genommen werden – maximal sechs Monate. Die Familienpflegezeit sieht vor, dass man seine Arbeitszeit über maximal zwei Jahre auf bis zu 15 Stunden pro Woche reduzieren kann.

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Was muss vorab mit dem Arbeitgeber geregelt werden?

Wer eine längerfristige Auszeit in Anspruch nehmen möchte, sollte seinen Arbeitgeber mindestens zehn Tage vor Beginn darüber informieren, wie man sich Art und Umfang der Freistellung vorstellt. Dazu muss man ihm eine schriftliche Erklärung vorlegen. Zusätzlich legt man einen Nachweis über die Pflegebedürftigkeit der Angehörigen bei. Die bekommt man bei der Pflegekasse oder beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK). Tritt eine unerwartete Pflegesituation ein, hat man nach dem Pflegezeitgesetz die Möglichkeit, kurzfristig bis zu zehn Arbeitstage fernzubleiben, um die Versorgung zu organisieren. Tipp: nicht erst warten, bis DIE Notsituation eingetreten ist, sondern schon frühzeitig eine mögliche Pflegesituation beim Arbeitgeber ansprechen. So kann man Vorstellungen und Erwartungen klären, zum Beispiel was in solch einer Situation geht und was nicht oder welche Arbeitszeitmodelle, befristeten Freistellungsmöglichkeiten und weiteren Unterstützungsmaßnahmen für beide Seiten denkbar sind.

Was kann man tun, wenn sich der Chef querstellt?

Ob man zum Beispiel die Pflegezeit in Anspruch nehmen kann, ist abhängig von der Arbeitnehmerzahl. Man muss in einem Betrieb mit mindestens 16 Beschäftigten arbeiten. Ansonsten hat man kein Recht auf Pflegezeit. Tipp: Auch wer in einem Kleinbetrieb arbeitet, sollte den Chef ansprechen.

Wie verhindert man es, die Familie zu vernachlässigen?

Man muss sich bewusst Zeit für sie nehmen. Anders geht es nicht. Gerade in belastenden Situationen kann auch ein Gespräch mit einer vertrauten Person helfen. Am besten sind feste Rituale, die in den Tagesablauf integriert werden. Ein wichtiges soziales Ereignis ist immer das gemeinsame Abendessen.

Wie schafft man es, sich etwas von den Pflege-Aufgaben abnehmen zu lassen?

Um Hilfe zu bitten ist kein Zeichen von Schwäche. Damit verschafft man sich eine Auszeit, die man braucht, um sich von stressigen Situationen zu erholen. Am besten fragen, wenn die ganze Familie versammelt ist. Dann sind Familienangehörige eher bereit zu helfen, wenn sie sehen, dass auch andere ihre Hilfe anbieten. Unterstützung, die man bekommt, muss aber nicht immer was mit der Pflege zu tun haben. So könnte man auch Freunde bitten, etwas vom Einkauf mitzubringen.

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Wie vermeidet man, dass man sich übernimmt?

Ohne regelmäßige Entlastung kann man den hohen Anforderungen des Pflegealltags auf Dauer nicht standhalten. Erschöpfung, Niedergeschlagenheit und Gereiztheit sind Warnsignale. Sie zeigen, dass eine Pause nötig ist. Auch häufige Erkältungen und Rückenschmerzen können ein Zeichen von Überforderung sein. Während der Pflege sind kleine Auszeiten ideal, um Kraft zu tanken. Dann sollte man möglichst das Gegenteil tun: Ruhe nach Aktion, Bewegung nach Konzentration, Stille nach Gespräch. Sieben bis zehn Minuten Entspannung reichen schon aus, um einer Erschöpfung vorzubeugen. Außerdem ist es von Vorteil, mehrere Pausen im Jahr zu machen, statt bis zur totalen Erschöpfung auf den einen großen Jahresurlaub zu warten. So können bis zu 42 Tage durch eine Verhinderungspflege organisiert werden. Dann werden die Angehörigen von einer anderen Person – zum Beispiel von einem ambulanten Pflegedienst – zu Hause betreut. Die Kosten übernimmt die Pflegekasse.